Wohin Krieg führt
Von Arnold Schölzel
Seine Rede zum 8. Mai hatte Frank-Walter Steinmeier bereits zehn Tage vor dem Datum gehalten. Er würdigte am 28. April im Brüsseler NATO-Hauptquartier 70 Jahre Mitgliedschaft »Deutschlands« in der Allianz u. a. mit Sätzen wie: »Wir« würden danach streben, »dass Deutschland, mit seinen Streitkräften und seiner Infrastruktur, das Rückgrat der konventionellen Verteidigung in Europa wird«. Er fügte hinzu: »Ein schlecht gerüstetes Deutschland ist heute die größere Gefahr für Europa als ein stark gerüstetes Deutschland.« Und erläuterte: »Ich bin überzeugt: Die wichtigste Aufgabe der neuen deutschen Regierung ist es, unsere Bundeswehr zu stärken.«
Die Begründung, dieses Deutschland habe »Epochenbrüche, die östlich wie westlich von uns im Gange sind«, zu bewältigen, wiederholte Steinmeier am 8. Mai im Bundestag. In Brüssel schickte er dem die Lüge voraus: »Putin hat den Krieg zurück auf diesen Kontinent gebracht.« Der NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999, die Abtrennung und Gründung des NATO-Protektorats Kosovo hat nie stattgefunden. Steinmeier war da bereits der Verantwortliche für die Geheimdienste im Bonner Kanzleramt. Worin der von den USA verursachte Epochenbruch bestehen soll, erklärte er in beiden Ansprachen nicht. Gemeint sind offenbar die Bemühungen Washingtons, ein Ende des Krieges in der Ukraine zu erreichen. Allein die Aussicht auf Verständigung zwischen Washington und Moskau ist der politischen Führung dieses Deutschlands ein Greuel. Was selbstverständlich keine Parallele zu 1945 ist, zumal Berlin ja heute London und Paris bei der Reparatur des Epochenbruchs an seiner Seite weiß. Auch das ist keine Parallele zu den deutschen Kriegszielen von 1914 oder 1939/1941, als jeweils ein »Europa«, das Westeuropa meinte, unter deutscher Führung den östlichen Teil des Kontinents kolonialisieren sollte. Überschrift 1914: Abwehr der russischen Despotie. Überschrift 1941: Abwehr der bolschewistischen Gefahr. Die Attribute wechseln, die Interessen bleiben dieselben. In der heutigen Banderisten-Ukraine finden sich ausreichend Kollaborateure, die bereit sind, die alten Ziele zu verwirklichen. Es war Steinmeier, der als Außenminister 2014 mit den Faschisten vom Maidan, mit denen sich sein Amtsvorgänger Guido Westerwelle nicht auf einem Foto sehen wollte, den Putsch in Kiew anschob. Heute sagt der aktuelle Außenminister Johann Wadephul am Vorabend des 8. Mai, dieses Deutschland wolle die Ukraine mit »allen Mitteln« gegen Russland unterstützen. Dafür sind keine finanziellen Grenzen mehr vorgesehen.
Dieses Steinmeier-Merz-Deutschland ist in der alten Spur. Der Versöhnung mit Russland war an diesem 8. Mai im Bundestag keine Silbe gewidmet, nur dem Siegfrieden. Steinmeier behauptete: »Wir wissen, wohin Krieg führt.« Das war schon beim NATO-Beitritt vor 70 Jahren so gelogen wie heute: Krieg soll sein.
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