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Aus: Ausgabe vom 22.05.2024, Seite 5 / Inland
Tesla

Störfaktor »Gigafactory«

Naturschützer prüfen rechtliche Schritte gegen Tesla-Werkserweiterung in Grünheide. Protestcamp im Landeswald darf nicht geräumt werden
Von Ralf Wurzbacher
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Alles hinter dem Schild soll weg: Die Grünheider haben sich mehrheitlich dagegen ausgesprochen

Nach dem Ja der Grünheider Gemeindevertretung zur Erweiterung Teslas »Gigafactory« zeichnen sich neuerliche Rechtsstreitigkeiten zwecks Verhinderung des Projekts ab. Wie am späten Montag nachmittag bekannt wurde, will der brandenburgische Landesverband des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) juristische Mittel gegen den Bebauungsplan ausloten. »Ein Rechtsanwalt ist beauftragt«, sagte Landeschef Björn Ellner am Montag zu dpa. »Wir werden erst einmal prüfen, was wir für Angriffspunkte haben.« Noch ist offen, ob sich weitere Organisationen einer möglichen Klage anschließen werden. Sicher in die Verlängerung geht indessen das Protestcamp in dem von dem Ausbau bedrohten Waldgebiet. Dafür gab es zu Wochenanfang grünes Licht durch die Behörden.

»Wir bleiben«, äußerte sich eine Sprecherin des Bündnisses »Tesla stoppen« nach der Entscheidung. »Wir stellen uns darauf ein, längerfristig hier zu sein.« Am vergangenen Donnerstag hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg eine Beschwerde der Landespolizei zurückgewiesen, die unter anderem das Räumen von Baumhäusern verlangt hatte. Vor diesem Hintergrund musste die staatliche Ordnungsmacht dem Antrag auf Fortsetzung der Besetzung zähneknirschend stattgeben. Seit Ende Februar halten vor Ort Umweltaktivisten die Stellung, um den an die Fabrik angrenzenden Naturraum vor weiteren Übergriffen zu bewahren. Ein Teil des Geländes in Grünheide südöstlich von Berlin liegt in einem Wasserschutzgebiet.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Brandenburger Landesregierung sehen die Ansiedlung als Gewinn für das Land. Vor sechs Tagen hatte die Gemeinde gegen den Mehrheitswillen der Bewohner für den umstrittenen Standortausbau durch den US-Autobauer votiert. Geplant ist eine Ausweitung von Logistikflächen sowie die Errichtung eines Güterbahnhofs. Ein mit dem Konzern des Techmilliardärs Elon Musk erzielter Kompromiss sieht dafür die Rodung von knapp 50 Hektar Wald vor. Zunächst sollte mehr als das Doppelte an Baumbestand weichen. 70 Hektar blieben nun erhalten und die Region werde mit dem Bahnhof von Lastwagenverkehr entlastet, schreibt sich das Unternehmen auf die Fahnen.

Beim Netzwerk ökologischer Bewegungen Grüne Liga traut man dem Braten nicht. »Der Wald, der nicht gerodet werden soll, ist Teil des Bebauungsplans«, gab Michael Ganschow vom Landesverband Brandenburg gegenüber dpa zu bedenken. »Eine Waldumwandlung wäre jederzeit möglich und könnte nicht verhindert werden.« Soll heißen: Wenn Tesla danach ist, dürften die Bäume trotz anderslautender Vereinbarung plattgemacht werden. Ferner wies der Umweltschützer darauf hin, dass der fragliche Güterbahnhof bereits im Bebauungsplan 13 für das bestehende Fabrikgelände geplant war. Die nette Gabe wäre demnach allenfalls ein mit reichlich Verzug eingelöstes Versprechen.

Ganschow wirft den Ortsvorstehern vor, sich über die Interessen der Bürger hinweggesetzt zu haben. Bei einer Befragung hatten sich 65 Prozent der Teilnehmer gegen eine Erweiterung des Werks ausgesprochen, wobei das Plebiszit nicht bindend war. »Für die Demokratie ist das ein Bärendienst – dafür tragen sie die alleinige Verantwortung«, beklagte er. Der Nabu-Landesvorsitzende Ellner sprach von einem »herben Schlag für Demokratie und Umwelt«, der die Lebensgrundlagen der Region beeinträchtigen werde.

Bei Tesla in Grünheide sind seit mehr als zwei Jahren 12.000 Menschen beschäftigt, die nach Unternehmensangaben jährlich rund 250.000 Elektro­autos fertigen. Mittelfristig soll die Stückzahl auf 500.000 hochgefahren werden, auf lange Sicht gar auf eine Million. Allerdings geht das Unterfangen nicht ohne Störfaktoren ab. So hatten bislang unbekannte Täter Anfang März mit dem Legen eines Feuers die Stromversorgung lahmgelegt, wodurch die Bänder tagelang stillstanden und durch Produktionsausfall ein Schaden im Umfang von mehreren Millionen Euro entstanden sein soll. Vor knapp zwei Wochen versuchten Hunderte Aktivisten, das Firmengelände zu stürmen, was die Polizei mit einem Großeinsatz vereiteln konnte.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (22. Mai 2024 um 15:34 Uhr)
    Im Wertewesten löst der Markt doch alles? Vielleicht auch die Probleme mit der Gigafactory. Unter https://www.auto-motor-und-sport.de/verkehr/elektroauto-neuzulassungen-deutschland-2024/ kann man dieses finden: Vom TESLA MODEL Y wurden in Deutschland von Januar bis April 12147 Stück verkauft. Im April allerdings nur 1102 Stück. Während einige andere Hersteller im April rasante Zuwächse bezogen auf den Viermonatsdurchschnitt hatten, brach der Tesla-Umsatz auf 36% ein. Elon, mach weiter so! Und die Agora Verkehrswende (https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/marktentwicklung-von-e-autos/) beweint die trübe Marktentwicklung von E-Autos, bis 2030 sollen ja 15 Millionen davon die deutschen Straßen bevölkern.... Statt der dafür erforderlichen 5500 Stück kalendertäglich wurden bisher im Jahre 2024 nur 928 Stück zugelassen, Plan also nicht übererfüllt.

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