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Aus: Ausgabe vom 03.05.2024, Seite 2 / Ausland
EU-Grenzregime

EU-Flüchtlingsdeal mit Libanon

Brüssel gibt Beirut eine Milliarde Euro, um Asylsuchende fernzuhalten
Von Karin Leukefeld
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Zelte in einem Lager für syrische Flüchtlinge im Dorf Ibl al-Saqi (Südlibanon, 30. 4.2023)

Um die Flucht von Syrern über das Mittelmeer nach Zypern zu stoppen, hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dem Libanon die Zahlung von einer Milliarde Euro in Aussicht gestellt. Das »Hilfspaket« kann der Libanon ab sofort bis zum Ende des Jahres 2027 abrufen, erklärte von der Leyen in Beirut, wo sie mit dem libanesischen Interimspräsidenten Nadschib Mikati zusammentraf. Begleitet wurde sie von dem zypriotischen Präsidenten Nikos Christodoulides.

Das Geld soll für die soziale Grundversorgung, Bildung und Gesundheit der Flüchtlinge aus Syrien eingesetzt werden. So soll der Libanon stabilisiert und die Republik Zypern entlastet werden, wo immer mehr Flüchtlinge aus Libanon angekommen sind. Bei diesen handelt es sich zwar mehrheitlich um Syrer, doch auch Palästinenser und Libanesen versuchen in einem EU-Land eine neue Lebensgrundlage zu finden.

Die EU werde »legale Wege nach Europa offenhalten« und unterstütze auch die Umsiedlung von Flüchtlingen, sagte von der Leyen. Ein Teil des Geldes soll die libanesische Armee stärken, um die Land- und Seegrenzen besser zu kontrollieren und irreguläre Grenzübertritte zu stoppen.

Nach offiziellen Angaben halten sich im Libanon rund zwei Millionen Menschen aus Syrien auf. Viele von ihnen kamen lange vor Beginn des Kriegs 2011 und sind als Arbeiter integriert. Nach Angaben des UN-Hilfswerks für Flüchtlinge (UNHCR) sind rund 785.000 Menschen bei der UNO registriert. Neben den syrischen Flüchtlingen leben im Libanon rund 500.000 palästinensische Flüchtlinge, die von dem UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) versorgt werden.

Der Zustrom von Menschen aus Syrien ist unter anderem eine Folge der Wirtschafts- und Finanzsanktionen, die von der EU und von den USA gegen das Land verhängt wurden. Die Sanktionen blockieren Import und Export und alle Investitionen, die in dem Land den Wiederaufbau finanzieren könnten. Nach US/EU-Angaben richten sich die Sanktionen »gezielt« gegen Personen und Organisationen, die »Krieg gegen das eigene Volk« führen. Die UN-Sonderbeauftragte für die Folgen von einseitigen wirtschaftlichen Strafmaßnahmen, Alena Douhan, hat wiederholt ein Ende der völkerrechtswidrigen einseitigen Strafmaßnahmen gefordert. Nur so hätten die Syrer eine Chance, ihre Heimat wieder aufbauen zu können.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (3. Mai 2024 um 11:34 Uhr)
    Abkommen wie dasjenige mit der Türkei bieten zwar keine dauerhafte Erfolgsgarantie. Nun durch finanzielle Unterstützung für das Krisenland Libanon soll die illegale Migration eingedämmt werden. Die Kooperation der Herkunfts- und Transitländer ist zwar erforderlich, doch der Libanon gehört sicherlich nicht dazu, da das Land mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen hat. Zudem ist Korruption weit verbreitet, was sämtliche offiziellen Vereinbarungen untergräbt. Der Libanon steckt derzeit in der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise seiner Geschichte. Es gibt nicht einmal ein richtiges Staatsoberhaupt, und der geschäftsführende Regierungschef ist machtlos inmitten des Chaos im Land. Die Europäische Union drängt immer mehr Länder in ihrer näheren Nachbarschaft dazu, Abkommen zu akzeptieren, die sie zur Blockierung von Geflüchteten verpflichten. Brüssel überträgt den jeweiligen Regierungen die Rolle des Wachhunds vor den Toren Europas. Doch genau diese »Wertewesten« haben Staatsordnungen zunichtegemacht, wie im Irak, in Syrien und in Libyen, und haben damit ganze Bevölkerungsmassen ins Elend gestoßen, die keinen anderen Ausweg sehen, als in die »gelobten Länder« der EU zu migrieren. Wäre es nicht sinnvoller, in diesen Ländern Frieden, Ordnung und eine Perspektive auf Wohlstand zu schaffen, um den Menschen ein Leben in ihrer eigenen Heimat zu ermöglichen?

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