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Aus: Ausgabe vom 03.05.2024, Seite 8 / Ansichten

Zeche bezahlt

EU-Finanzhilfe für Libanon
Von Arnold Schölzel
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Ein Herz und eine Seele: Ursula von der Leyen und Italiens faschistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (Forlì, 17.1.2024)

Am Sonntag verkündete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kämpferisch wie sonst Maximilian Krah (AfD): »Es sind wir, die Europäer, die entscheiden, wer nach Europa kommt und unter welchen Umständen. Und nicht das organisierte Verbrechen der Schmuggler und Menschenhändler.« Am Montag schloss sie in einer TV-Runde der sogenannten Spitzenkandidaten zur EU-Parlamentswahl am 9. Juni eine Zusammenarbeit mit jener Rechtsfraktion, in der sich in Schweden und Finnland mitregierende Faschisten und die der »Brüder Italiens« (FdI) tummeln, nicht aus.

Mit FdI-Chefin und Ministerpräsidentin Giorgia Meloni demonstriert von der Leyen generell ein Herz und eine Seele. Am Donnerstag flog sie in Begleitung des zyprischen Präsidenten Nikos Christodoulidis, der sich lauthals über zu viele Flüchtlingsankünfte auf Zypern (4.000 seit Jahresbeginn) beklagt hatte, nach Beirut – zwecks Migrantenstopp. Hiesige Medien berichteten von einem »Flüchtlingsabkommen«, in Wirklichkeit stellte sie lediglich dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Nadschib Mikati eine Milliarde Euro bis 2027 in Aussicht, wenn vor allem syrische Migranten von Sicherheitskräften am Verlassen des Landes Richtung EU gehindert werden. Über eventuelle Zusagen Mikatis wurde nichts bekannt. Das heißt: Wenn es um Migrantenbekämpfung geht, wirft die EU Summen in jedes bodenlose Fass wie sonst nur ins ukrainische. Aber die Umfragen sagen den Ausländer-raus-Parteien am 9. Juni beste Ergebnisse voraus, da sind eine Milliarde Euro Bröckchen vom Wahlkampftisch. Die halten Mi­granten nicht ab.

Im Libanon fließt die Summe zudem auf die Konten der korrupten Clique, die das entstaatlichte Land unter sich aufteilt. Sie hat in den vergangenen Wochen rassistische Hetze gegen syrische Migranten angeheizt, es kam zu Mord, Folter und verstärkter Flucht nach Zypern. Sehr wahrscheinlich kalkuliert. Nur die Hisbollah wirkt stabilisierend, aber – weil nicht sein kann, was nicht sein darf – steht die auf der EU-Terrorliste. Wenn allerdings Israel mitten in Beirut einige Leute staatsterroristisch ermordet, ist das Brüssel kaum eine Bemerkung wert.

Der Ruin des Libanon ist eine Folge der mehr als 30 Jahre lang in der Region vom Westen angezettelten Kriege einschließlich des sogenannten Bürgerkriegs in Syrien, der von außen induziert wurde. Unter Führung der USA und stets mit deutscher Beteiligung wurden große Teile der Region verwüstet. Bilder zerstörter Städte und genozidaler Kriegführung wie jetzt aus Gaza gab es seit Jahrzehnten aus dem Irak, aus Syrien, dem Jemen und aus Afghanistan. Der von den USA auf beiden Seiten gesponserte Krieg zwischen Iran und Irak von 1980 bis 1988 war das Vorspiel. Was besagt: Mit Gaza ist nicht Schluss. Und auch damit nicht, dass die EU die Zeche bezahlt. Im Libanon oder anderswo, auch außerhalb von Wahlkampf.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (2. Mai 2024 um 19:57 Uhr)
    Die EU bezahlte die Zeche. Hatte sie nicht wenigstens einen Koch bei sich?

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