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Aus: Ausgabe vom 21.02.2024, Seite 8 / Ansichten

Die Lunte gelegt

Von Sevim Dagdelen
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Für »unsere« Handelswege: An Bord der Fregatte »Hessen« in der Souda-Bucht vor Kreta (20.2.2024)

Kurz vor Auslaufen der deutschen Fregatte »Hessen« von Kreta in Richtung Jemen versuchte Verteidigungsminister Boris Pistorius die Öffentlichkeit noch einmal zu beschwichtigen. Es handele sich bei der bewaffneten EU-Marinemission »Aspides« um einen »rein defensiven Einsatz«, denn anders als bei der US-geführten Militäroperation sei kein Beschuss des Jemen vorgesehen. Auch habe man mit den Bombardierungen des Jemen durch die USA und Großbritannien nichts zu tun. Diese Einschätzung aber lässt sich nur schwer mit der Wirklichkeit in Einklang bringen. Im vorgelegten Mandat ist auch eine Interventionsermächtigung in den Küstengewässern der Anrainerstaaten des Roten Meeres enthalten – mit der Einschränkung, dass dies nur bei einer Zustimmung des jeweiligen Staates erfolgen solle.

Was den Jemen angeht, gibt es allerdings eine »Regierung«, die nur einen kleinen Teil des Landes kontrolliert. Diese könnte der Bundesmarine also jederzeit erlauben, in jemenitischen Küstengewässern zu operieren. Kurz: Soll die Bundesmarine hier zum Einsatz gebracht werden, kann sie jederzeit mit der Willfährigkeit der US-Marionetten rechnen, die ihnen die entsprechende Erlaubnis erteilen werden.

Die Lunte ist damit auch gelegt für eine direkte Beteiligung Deutschlands an einem Krieg gegen den Jemen. Washington flog im Januar 200 Angriffe gegen das Land. Die Verweigerung eines Waffenstillstands in Gaza und der Krieg gegen den Jemen gehen dabei Hand in Hand. Neu ist, dass die Bundesmarine jetzt den gefährlichen Begleitservice für einen weiteren aussichtslosen Stellvertreterkrieg der USA stellen soll. Aber auch dieser Vasallendienst kann der einzig verbleibenden Weltmacht nicht mehr den Status sichern. Weder die Luftangriffe noch die Kriegsflotten von USA und EU können die militärischen Kapazitäten der »Huthis« ausschalten und so den Seeweg nach Israel durch das Rote Meer offenhalten.

Wer tatsächlich noch glauben sollte, es gehe beim deutschen Militäreinsatz im Roten Meer nicht um die Flankierung der Gewaltpolitik der USA, wird durch das Mandat eines Besseren belehrt. »Aspides« solle eng verzahnt werden mit dem »Indo-Pacific Deployment 2024«. Der in den Indopazifik entsandte Marineverband westlicher Staaten ist nichts anderes als eine Machtdemonstration gegenüber China. Man kann nur schwer glauben, dass diese Kanonenbootpolitik den Niedergang der USA und ihrer nibelungentreuesten Verbündeten wird aufhalten können.

Sevim Dagdelen (BSW) ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags

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  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (21. Februar 2024 um 09:51 Uhr)
    In dem ganzen Artikel finde ich keinerlei Kritik an den Huthi, die seinerzeit unprovoziert den Beschuss von Schiffen im Roten Meer begannen. Weswegen werden dann aber die Besatzungen der durchfahrenden Schiffe kritisiert, wenn sie sich gegen die Angriffe zur Wehr setzen, ggf. mit Geleitschutz? – Dass die Huthis nur Schiffe mit »Israel-Bezug« angreifen, versprachen sie. Aber können sie das Versprechen halten? Das Rote Meer ist nicht nur mit Israel, sondern via Suezkanal auch mit dem Mittelmeer und somit der ganzen Welt verbunden. Kaum anzunehmen, dass die Kapitäne der durchfahrenden Schiffe zuvor das Ziel ihrer Fahrt und die Schiffsladung den Huthis bekanntgeben, und dazu sind sie wohl auch nicht verpflichtet.
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Franz P. aus Wien (23. Februar 2024 um 07:28 Uhr)
      Lieber Ulrich K., gezielte Angriffe der Houthis auf die Schiffe der Angreifer (USA/UK) und die nach Israel fahren bzw. westliche Frächtereien, die sich dem Boykott gegen Israels nicht anschließen, wie es z. B. die chinesichen Frächtereien getan haben. - Wissen über Kapitäne und Schiffe – ich denke, sie sind sich über die Information, die inzwischen auch Akteuren des globalen Südens in Erfahrung bringen können, – welches Schiff, mit welcher Ladung wohin unterwegs ist, in das Rote Meer hinein, nicht im Klaren. Wir leben in einer globalen Informationswelt. Sogar Gratisinformation liefert Ihnen sogar ihr Computer ins Haus. Ich rate einmal in marintraffic.com hineinzusehen. Natürlich haben die Houthis und die Palästinenser Sympathisanten im ganzen globalen Süden. Und so viele wichtige Häfen gibt es nun auch nicht, und die Hafenbücher sind für lokale Bewohner kein Geheimnis. Wir im Westen müssen uns daran gewöhnen, dass der Süden auch die technologischen Möglichkeiten hat, zu wissen was auf der Welt vorgeht. Und uns schön langsam zur Räson auf Augenhöhe bringt.

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