4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 21.02.2024, Seite 8 / Ansichten

Katastrophenlage

Dauerkrise der Linkspartei
Von Nico Popp
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Leicht unterkühlt: Die Doppelspitzen von Partei und Bundestagsgruppe am Montag in Berlin

Das ist mehr als eine kleine Panne. Über Jahre hat die tonangebende Strömung im Parteivorstand der Linkspartei daran gearbeitet, die Bundestagsfraktion an die Leine zu nehmen. Nun ist sie – obwohl nach dem Parteiaustritt der Gruppe um Wagenknecht der Wind günstig zu stehen schien – bei dem Versuch aufgelaufen, die Doppelspitze der neu formierten Bundestagsgruppe mit eigenen Leuten zu besetzen. Es gelang nicht einmal, einen Kompromiss herbeizuführen und eine »gemischte« Führung der Gruppe durchzusetzen: Die Gegenseite, die mit Sören Pellmann und Heidi Reichinnek kaum zufällig das Duo aufgeboten hatte, das 2022 nach dem Parteivorsitz gegriffen hatte, zog durch.

Und dafür gibt es Gründe. Die Erzählung, mit einer Trennung vom Wagenknecht-Lager sei die Hauptursache der Parteikrise beseitigt, hat sich binnen weniger Monate als absurd erwiesen. Die Partei taumelt mit Umfragewerten um die drei Prozent auf die Europawahl zu. Wählerbefragungen in den ostdeutschen Ländern, in denen im September gewählt wird, erbringen haarsträubende Resultate. Im Hintergrund spitzt sich die Organisationskrise zu: Die Befürchtung, dass es nun, da die Wagenknecht-Partei mit dem Aufbau von Landesverbänden beginnt, zu vielen Übertritten und zur Handlungsunfähigkeit vieler Kreisverbände kommen wird, ist da.

Mit dem Rücktritt von Bundesgeschäftsführer Tobias Bank und mit der nun erfolgten Installation von Pellmann und Reichinnek hat der auf eine halbwegs konturierte Oppositionspolitik setzende Teil des alten, längst zersplitterten »Reformer«-Lagers, der in der Fraktion lange mit der Wagenknecht-Strömung kooperiert hatte, sein Fähnlein aufgepflanzt und deutlich gemacht, dass er nicht die Absicht hat, das Feld zu räumen.

Für die den Vorstand dominierende Strömung aus »bewegungslinken« und regierungslinken Liberalen wird es jetzt ungemütlich. Es zeichnet sich ab, dass, je nach Zuspitzung der Lage, irgendwann zwischen der Europawahl und dem Bundesparteitag im Oktober die Karten neu gemischt werden. Und es ist keiner mehr da, dem die Parteispitze die Verantwortung für die Katastrophenlage zuschieben kann: Wagenknecht ist weg, und mit Pellmann und Reichinnek hat eine Parteiführung in Wartestellung die Bühne betreten, die für einen anderen taktischen Ansatz steht.

Allein: Im Sommer und Herbst kann die Krise der Partei in ein Stadium umschlagen, das auch von einer neuen Parteiführung nicht mehr beherrschbar ist. Vielleicht ist das Grund genug, noch einmal neu über die im vergangenen Jahr halb versandete und halb abgewürgte Initiative für einen Sonderparteitag nachzudenken.

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  • Leserbrief von Falco aus Stuttgart (20. Februar 2024 um 19:56 Uhr)
    Bye bye Linkspartei. Die Politprofis und Aktivisten finden von BSW, SPD, Grüne, NGOs genug Auffangbecken. Deutschland – Land der Chancen.

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