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Aus: Ausgabe vom 24.05.2023, Seite 15 / Antifaschismus

Frankreich: Suche nach erschossenen Deutschen

Meymac. Die französische Regierung hat die Suche nach sterblichen Überresten von 47 durch Widerstandskämpfer erschossenen Wehrmachtssoldaten angeordnet. Gemeinsam mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge soll im Juni im südfranzösischen Meymac gesucht werden, teilte das Verteidigungsministerium in Paris am Mittwoch vergangener Woche mit. Anlass sind Äußerungen eines französischen Widerstandskämpfers, der sein »Schweigen« über den Vorfall gebrochen habe, so französische Medien.

Zu der Erschießung der Deutschen kam es im Juni 1944 nach einem Massaker der Waffen-SS an der Bevölkerung in Tulle sowie der Auslöschung des Dorfes Oradour-sur-Glane. Zu den näheren Umständen hatte sich nun der 98jährige Augenzeuge Edmond Réveil geäußert. Man habe nicht gewusst, was man mit den gefangenen Soldaten habe tun sollen, sagte Réveil laut einem Bericht der Zeitung Le Parisien. Das Problem sei ihre Bewachung und Ernährung gewesen. In Meymac habe man die Gruppe in einen Stall getrieben. Dann sei der Befehl zum Erschießen gekommen. Ein Widerstandskämpfer habe die Gefangenen auf Deutsch darüber informiert.

Pierre Pranchère, ehemaliger Widerstandskämpfer der FTPF (Freischärler und Partisanen) und Mitbegründer des Collectif Maquis de Corrèze, und Jean-Pierre Combe, geschäftsführender Präsident der Vereinigung, teilten am 17. Mai mit, dass der Vorfall seit Jahrzehnten bekannt sei. Offiziere der Widerstandskräfte seien wegen der Bindung von Partisanen durch die Bewachung der Gefangenen besorgt gewesen sowie wegen der Gefahr, dass Gefangene entkommen und die deutsche Armee das Lager der FTPF entdeckt. Marcel Godefroy, alias Colonel Rivière, habe den Befehl gegeben, jedem der Gefangenen, der sich gegen Hitler ausspricht, anzubieten, sich dem Befreiungskampf anzuschließen. »Die anderen werden erschossen«, zitiert die Mitteilung aus dem 1975 publizierten Band »Maquis de Corrèze«. Mehrere Soldaten, darunter »Polen und Tschechen«, sollen sich dem Widerstand angeschlossen und an den Kämpfen teilgenommen haben. Wer sich geweigert habe, die Treue zu Hitler aufzugeben, sei erschossen worden.

Die Vereinigung der Widerstandskämpfer verstehe die Entscheidung, die Exhumierungen und Identifizierungen vorzunehmen. Sie akzeptiere es aber nicht, »dass diese Entscheidung zum Vorwand genommen wird, um das Andenken der Résistance zu beschmutzen«. (dpa/jW)

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