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Aus: Ausgabe vom 23.05.2018, Seite 10 / Feuilleton

Trauerfeier für Schuder

Die Schriftstellerin Rosemarie Schuder wird heute auf dem Friedhof der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde beigesetzt. In der literarischen Darlegung historischer Zusammenhänge hat sie Maßstäbe gesetzt. Ihre anspruchsvollen Romane und Erzählungen über Lichtgestalten wie Paracelsus, Kepler oder Michelangelo erlebten in der DDR eine Millionenauflage. Auf 22 Auflagen brachte es ihr erster Roman »Der Ketzer von Naumburg« (1955) über den unbekannten Schöpfer der Stifterfiguren im dortigen Dom. Der ursprüngliche Impuls zu diesem Debüt war ein antifaschistischer, wie Schuder später erklärte. Es ging ihr zunächst darum, der von den Nazis zum Sinnbild germanischen Wesens verklärten Uta-Figur in dem Dom etwas Wesentliches entgegenzusetzen.

Beim Schriftstellerkongress im Januar 1956 in Berlin lernte Schuder ihren späteren Ehemann Rudolf Hirsch kennen, der als Jude und Kommunist 1937 nach Palästina geflohen und 1949 zurückgekehrt war. Gemeinsam verfassten die beiden das Standardwerk »Der gelbe Fleck. Wurzeln und Wirkungen des Judenhasses in der deutschen Geschichte«, das 1987 in einer Erstauflage von nur 750 Exemplaren erschien, bis 1990 aber mehr als 90.000 mal verkauft wurde. 1988 erhielten die Autoren dafür den Nationalpreis der DDR.

1996 legten sie die vielbeachtete Biografie »Nummer 58866 – ›Judenkönig‹. Das Leben des Kurt Julius Goldstein« vor. Zwei Jahre später verstarb Hirsch. Schuder wird heute an seiner Seite in der Abteilung »Künstlerweg« beerdigt. Die Trauerfeier beginnt um 12 Uhr in der nahe gelegenen Feierhalle. (jW)

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