Leserbrief zum Artikel Nord Stream 2: Säbelrasseln gegen Russland
vom 08.09.2020:
Ideologische Kriegsvorbereitungen
Um Nawalny wurde in Deutschland, von NATO und EU ein ungeheurer Propagandakrieg gegen Russland entfesselt, den ich als ideologische Kriegsvorbereitung werte, weil am Feindbild gearbeitet wird. Offen und in teilweise rüden Tönen wird Russland durch führende Politiker eine Vergiftung Nawalnys vorgeworfen. Konkrete Beweise werden nicht für nötig erachtet, und Unterlagen über die medizinischen Untersuchungen in der Berliner Charité wurden trotz Anforderungen der russischen Staatsanwaltschaft und des Botschafters bisher nicht geliefert. Das beschuldigte Russland soll unter Androhung umfangreicher Sanktionen die Beweise liefern. In der Omsker Notfallklinik durften die Begleitpersonen Nawalnys sich in allen Gängen der Klinik aufhalten, und die Ärzte der Klinik und aus Moskau informierten die Presse laufend über die umfangreichen Untersuchungen, Behandlungen und vermuteten Diagnosen. Gift im Blut und im Urin wurden nicht gefunden. Die Ärzte diagnostizierten eine schwere Stoffwechselstörung. In den zwei Wochen, die der russische Patient in Berlin verbringt, gab es von der behandelnden Klinik nur vier spärliche, sehr allgemein gehaltene Pressemitteilungen. Um die öffentliche Empörung anzuheizen, war diese Situation wohl ungeeignet. So wurde das seit Skripal allen bekannte und bewährte Nervengift Nowitschok ins Spiel gebracht, obwohl es tödlich ist und die Kontaktpersonen kontaminiert. Das Zentrallabor der Bundeswehr fand trotzdem Spuren von Nowitschok beim lebenden Nawalny. Proben oder Unterlagen, die das belegen, wurden aber nicht an Russland übergeben. Wer ein bisschen nachdenkt, muss sich wundern, wie dumm Russland doch sein soll. Es vergiftet einen Mann, lässt ihn nach Deutschland fliegen, damit man das Gift dort findet, um Russland beschimpfen und bedrohen zu können. Nicht nur nach meiner Ansicht handelt es sich bei der der Nawalny-Affäre um eine großangelegte geopolitische Attacke gegen Russland, deren Ziele und langfristige Folgen noch schwer abzuschätzen sind. Sie können aber zu großen Verwerfungen nicht nur im europäischen Raum führen.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 10.09.2020.