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Wie wär’s mit Pix?

Zu Lust und Risiken des Kapitalverkehrs
Von Lucas Zeise
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Der Preis für einen Bitcoin liegt in diesen Tagen mit 88.000 US-Dollar um 30 Prozent unter seinem Hoch im Oktober von 124.300 US-Dollar. Da ist ganz schön viel Luft aus der Spekulationsblase entwichen. Der Wert aller bisher »geschürften« Bitcoins beträgt jetzt wieder weniger als zwei Billionen Dollar. Bitcoins geben zwar vor, eine Währung zu sein, sind aber faktisch wertlose Objekte der Spekulation. Anders die Stablecoins, die ebenfalls auf der »Blockchain«-Technik basieren und den Wert von tatsächlicher, staatlich festgelegter Währung repräsentieren und damit Zahlungen ohne das etablierte Zahlungssystem der Banken ermöglichen. Die Währung, die bisher auf diese Weise imitiert wird, ist bis heute ganz überwiegend (zu 97 Prozent) der US-Dollar.

Da Geldüberweisungen innerhalb der USA teuer, bei internationalen Zahlungen sehr teuer und zuweilen auch unzuverlässig sind, ist es verständlich, dass man wie der gegenwärtige Präsident der Vereinigten Staaten den Stablecoins eine große Zukunft wünscht. Die beiden erfolgreichsten Stablecoins machen zusammen heute nicht einmal 300 Milliarden US-Dollar aus. Die Herausgeber der Stablecoins verpflichten sich, jederzeit und immer für einen Stablecoin einen US-Dollar herauszurücken. Zu diesem Zweck müssen sie alle hereinkommenden US-Dollars in erstklassigen und liquiden Dollarpapieren anlegen. Das sind nach Lage der Dinge kurz laufende US-Staatspapiere (T-Bills). Nach den US-Geldmarktfonds, die in den USA ähnlich wie die Banken in Deutschland täglich kündbare niedrigverzinste Tagesgeldkonten anbieten, sind die Stablecoins-Emittenten schon jetzt zur zweitgrößten Anlegergruppe in T-Bills geworden. Sie ersetzen damit wenigstens zum Teil die schrumpfende Nachfrage nach T-Bills seitens großer ausländischer Zentralbanken. Das erklärt auch Herrn Trumps Entschlossenheit, die Stablecoins zu fördern.

Wenn die Stablecoin-Herausgeber seriöse, gut beaufsichtigte Institutionen wären, hätte das System das Zeug dazu, den Zahlungsverkehr billiger und effizienter zu machen. Gegenwärtig ist das eindeutig nicht der Fall. Dem Unternehmen, das den heute größten Stablecoin »Tether« herausgibt, verlieh die Rating-Agentur S & P von fünf möglichen Bewertungen die schlechteste, nämlich »schwach«. Tether, das 2020 von den britischen Jungferninseln ins Kryptoparadies El Salvador umgezogen war, hatte mehr als fünf Prozent seiner Reserven in Bitcoins angelegt.

In Europa fummelt die Europäische Zentralbank – auch zur Abwehr gegen solche US-amerikanischen Methoden – seit Jahren an einem Konzept für einen »digitalen Euro« herum. Sie scheint dabei weder den heimischen Banken noch den etablierten Kreditkartenkonzernen wie Mastercard, Visa oder Paypal wehtun zu wollen (oder dürfen). Im Gegensatz dazu hat die brasilianische Zentralbank Banco do Brasil seit 2020 ein erstaunlich effizientes digitales Zahlungssystem namens »Pix« geschaffen, das für Bürger und Kleinunternehmen des Landes nichts kostet und entsprechend ausgiebig genutzt wird. Die US-Regierung beklagt sich schon über »unlautere Handelspraktiken« und unfaire Nachteile für US-Konzerne. Im vergangenen Sommer haben die Brics-Staaten beschlossen, auf Pix-Basis eine eigenes, vom US-Dollar unabhängiges Zahlungssystem aufzubauen. Ausnahmsweise könnten EU und EZB mal etwas von Brasilien und Pix lernen.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich Hopfmüller aus Stadum (19. Dezember 2025 um 20:53 Uhr)
    »Bitcoins (…) sind aber faktisch wertlose Objekte der Spekulation«, da stimme ich zu. Wie können aber solche Objekte einen Wert haben? Dass sie einen Preis haben, dem stimme ich zu. Stablecoins: Durch die Bindung an den Dollar sind sie auch so viel »wert« wie selbiger. Frage an den Ökonomen (oder Radio Jerewan): War der Dollar nicht auch einmal an das Gold gebunden? Noch ’ne Frage: Ist Pix ein Zahlungssystem oder ein Zahlungsmittel? Wenn es nicht vom US-Dollar abhängt, wovon hängt es dann ab?

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