Ränkespiel mit Sex und Drogen in Erdoğans Palast
Seitdem am Donnerstag in Istanbul der Chefredakteur des regierungsnahen Nachrichtensenders Habertürk Mehmet Akif Ersoy und drei weitere Personen unter dem Vorwurf des Drogenkonsums und sexueller Ausbeutung von Frauen in Untersuchungshaft genommen wurden, nimmt das mediale Spekulationskarussell in der Türkei rasant an Fahrt auf:
Während Ersoy von einer »politischen Operation« und »Rufmord« sprach, präsentierte das regierungsnahe Boulevardblatt Sabah am Sonnabend unter Berufung auf eine angeblich an den Orgien beteiligte Nachrichtensprecherin weitere pikante Details über »Gruppensex, verbotene Beziehungen und Drogenkonsum«. Wenige Stunden später gab der in dem Beitrag kaum verklausuliert ebenfalls als Beteiligter genannte Furkan Torlak, Koordinator des Zentrums zur Bekämpfung von Desinformation, das der Kommunikationsabteilung des Staatspräsidenten untersteht, auf seinem X-Account seinen Rücktritt bekannt.
Der Beitrag in der Sabah sei eine Botschaft an den »Palast« gewesen, wies der kemalistische Journalist Bariș Terkoğlu in sozialen Medien darauf hin, dass es sich hier um einen »Machtkampf« innerhalb des herrschenden Blocks handele.
»Die Verderbnis durch Geld bildet die Grundlage dieses Systems«, betont das zur Kommunistischen Partei der Türkei gehörende Nachrichtenportal Sol Haber. »Ersoy und seinesgleichen sind eines der besten Produkte dieses Systems«, zeigt das Portal den sprunghaften Aufstieg des aus einer religiös-konservativen Familie stammenden Journalisten auf, der für die die Religionsbehörde Diyanet tätig war, ehe er 2024 an die Spitze von Habertürk kam. Innerhalb der Regierungspartei AKP soll Ersoy dem Außenminister und Exgeheimdienstchef Hakan Fidan nahestehen.
Das Portal Turkish Minute, das zu der nach ihrem Putschversuch 2016 in der Türkei zerschlagenen Gülen-Bewegung gehört, sieht eine Verlagerung von der bisherigen Verfolgung eindeutiger Erdoğan-Kritiker »hin zur Umgestaltung von Macht und Geld innerhalb des Systems durch den Einsatz von Staatsanwälten, Vermögensbeschlagnahmungen und Moralverfahren«. Also jene Methoden, die Spezialität der Gülen-Sekte waren, als sie noch Einfluss hatte.
So wies das kemalistische Portal Odatv daraufhin, dass Ersoys Vater Nadir vor rund 15 Jahren Opfer einer gülenistischen Justizverschwörung wurde, die der Ausschaltung »antiimperialistischer Islamisten und Konservativer« mit Nähe zum Iran diente. Es gelte daher heute »wachsam gegenüber einer internationalen Verschwörung zu sein, die unter dem Vorwand der rechtlichen Untersuchung gegen Mehmet Akif Ersoy gegen den Iran gerichtet ist«, warnte Odatv. (nb)
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