Neue Front im Süden
Von Salim Nasereddeen
Innerhalb der »Anti-Ansarollah-Fraktion« im Jemen zeigt sich eine Machtverschiebung zugunsten der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE): Anfang Dezember sind die Truppen des »Südlichen Übergangsrates« (Southern Transitional Council, STC) lokalen Berichten zufolge relativ schnell und ohne große Gegenwehr in der sogenannten Hadramaut-Offensive vorgerückt. Seit mehreren Jahren herrscht im Stellvertreterkrieg im Jemen eine fragile Pattsituation zwischen den Konfliktparteien. Doch nun kontrolliert der separatistische STC den gesamten Südosten des Landes einschließlich der Gouvernements Hadramaut und Mahra an der Grenze zu Oman.
Zuvor hatten die eroberten Gebiete unter der Kontrolle des »Präsidialen Führungsrats« (Presidential Leadership Council, PLC) gestanden, der von der UNO und der EU anerkannten jemenitischen Regierung. Er wird in der Region insbesondere von Saudi-Arabien unterstützt und finanziert. Der STC hat die Emirate als wichtigsten Unterstützer. Beide Parteien sind eigentlich Verbündete im Kampf gegen die Regierung der Ansarollah (»Huthis«), die den Nordwesten mit der Hauptstadt Sanaa kontrolliert. Über ihre jeweiligen abhängigen Milizen versuchen die beiden Golfstaaten, den Einfluss Irans im Jemen zurückzudrängen, der mit den Ansarollah verbündet ist. Die Organisation hat seit dem Krieg in Gaza internationale Aufmerksamkeit erhalten, als sie in Reaktion auf den Genozid den Warenverkehr im Roten Meer störte und immer wieder Israel angriff.
Am Mittwoch reiste eine saudische Delegation in die Region Hadramaut und tat ihren Unmut über die jüngsten Entwicklungen kund: Sie forderte die Truppen des »Südlichen Übergangsrates« dazu auf, sich aus dem jüngst eroberten Gebiet zurückzuziehen. Auslöser für die Hadramaut-Offensive war der Versuch von saudisch unterstützten Stammesmilizen, Ölfelder in der Region unter ihre Kontrolle zu bringen. Dadurch kam die Ölförderung teilweise zum Erliegen.
Auch wenn »Präsidialer Führungsrat« und »Südlicher Übergangsrat« aus gemeinsamer Feindschaft zu den Ansarollah ein Bündnis eingegangen sind und ihre jeweiligen Förderer, Saudi-Arabien und die Emirate, häufig ähnliche Interessen in der Region verfolgen, sind die Widersprüche zwischen STC und PLC offensichtlich. Der »Südliche Übergangsrat« fordert als separatistische Bewegung die Abspaltung des Südens. Auf dem Gebiet, das er seit der Offensive faktisch kontrolliert, bestand bis 1990 die eigenständige Demokratische Volksrepublik Jemen. Ideologisch weist der heutige STC kein klares Profil auf und scheint in seinem Handeln vor allem an emiratischen Interessen orientiert zu sein. Im Süden befinden sich die wichtige Hafenstadt Aden, Jemens Ölquellen in Hadramaut sowie Grenzübergänge nach Saudi-Arabien und Oman.
Der aktuelle Konflikt in Hadramaut ist direktes Resultat der Machtpolitik der Golfstaaten, da sowohl Saudi-Arabien als auch die Emirate um Einflusszonen und Ressourcen konkurrieren. Die VAE treiben durch ihre Unterstützung des STC ihre eigenen geopolitischen Interessen voran – die Kontrolle von Ölquellen und strategischen Küstengebieten. Die Saudis wiederum hielten lange an einer schwachen Exilregierung fest, die ohne ausländische Hilfe nicht überlebensfähig war und nun zurückgedrängt wurde. Für die leidende Bevölkerung des Jemen bedeutet die Fortführung des Stellvertreterkonflikts eine Verlängerung des Elends.
In einer künftigen Phase könnte sich eine Konfrontation zwischen dem »Südlichen Übergangsrat« und den Ansarollah anbahnen. So wurden bereits Truppenbewegungen hin zur Grenze des vom STC kontrollierten Gebiets von seiten der Ansarollah beobachtet. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Jemen endgültig in separate Einflusszonen zerfällt.
Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug
Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
Rolf Vennenbernd/dpa09.07.2024Rüstungsexporte nach Nahost in Rekordhöhe
AP Photo/Hani Mohammed, File06.10.2023Verschwörung gegen den Frieden
Fawaz Salman/REUTERS21.04.2023Kriegsprofiteur Abu Dhabi hält sich zurück
Regio:
Mehr aus: Ausland
-
Boliviens Rechte eröffnet die Jagd
vom 12.12.2025 -
Ohne Kommentar
vom 12.12.2025 -
US-Statthalter Polen
vom 12.12.2025 -
Wiedergutmachung fällig
vom 12.12.2025 -
Welche Fehler hat die Linke gemacht?
vom 12.12.2025