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Aus: Ausgabe vom 06.12.2025, Seite 4 / Inland
Rentenreform

Mit Kanzlermehrheit beschlossen

Ein »starkes Mandat für die Bundesregierung« auch ohne die Linksfraktion: Die Rentenreform der Koalition ist dingfest
Von Max Grigutsch
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Dem Unverständnis für ihre Positionierung im Rentenstreit begegnete Die Linke am Freitag mit einer Fotoaktion

Friedrich Merz wollte die »Kanzlermehrheit«. Die hat er bekommen. 319 Abgeordnete – also die absolute Mehrheit – stimmten am Freitag im Bundestag für das von der »schwarz-roten« Koalition vorgelegte Reformpaket, welches das Rentenniveau bis 2031 gesetzlich bei 48 Prozent festsetzt. Die Bundesregierung erneuere damit ein »Sozialstaatsversprechen«, beteuerte die SPD-Abgeordnete Dagmar Schmidt vor den versammelten Mandatsträgern. Mit Nein stimmten die Grünen und die AfD. Die Linke-Fraktion enthielt sich – trotz Kritik.

Bis zuletzt war unklar, ob die 18 Abgeordneten der sogenannten Jungen Gruppe in der Union dem Vorhaben zustimmen würden. Das Kabinett wäre dann auf Rettung aus anderen Fraktionen angewiesen gewesen. Bundeskanzler Merz (CDU) hatte aber am Donnerstag abend erklärt, er wünsche sich ein Ergebnis »zwischen 316 und 328« bei der namentlichen Abstimmung, wollte also aus eigener Kraft zu einer Mehrheit gelangen.

Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann richtete seinen Appell am Freitag an die eigenen Reihen. Für die Zukunft der Rente brauche es einerseits »Mut«, andererseits ein »starkes Mandat für dieses Paket, ein starkes Mandat für diese Koalition, ein starkes Mandat für die Bundesregierung, und ein starkes Mandat für den Bundeskanzler«, sagte er.

Den Erhalt dieser Stärke hatte sich die Linksfraktion auf die Fahne geschrieben. Mit ihrer Enthaltung wollte sie die Schwelle der nötigen Stimmen senken und so den Erfolg des Rentenpakets absichern. Als Bundestagsvize durfte der Linke-Abgeordnete Bodo Ramelow das Abstimmungsergebnis verlesen. Seine staatsmännische Chance hatte er schon am Vorabend genutzt und auf der Internetplattform X daran erinnert, dass Die Linke die »Institution Bundestag« schon einmal »vor einer Blamage bewahrt« habe. Fraktionschefin Heidi Reichinnek gab am Freitag am Rednerpult zwar die Parteilinie durch, nach der man das Rentenniveau auf 53 Prozent anheben müsse. »Aber wir sehen doch gleichzeitig nicht zu, wie es immer mehr Menschen schlechter geht«, verteidigte sie die Enthaltung. Auf die kam es letztendlich nicht an.

Eine Chance, die Linkspartei zumindest in Worten links zu überholen, witterten dann ausgerechnet die Grünen. Reichinnek und Parteichefin Ines Schwerdtner »hatten Revolution versprochen«, endeten aber als »Mehrheitsbeschafferinnen für Friedrich Merz«, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Audretsch vor der Auszählung. Er attestierte der Linkspartei »Ambitionslosigkeit«: Sie habe »nicht gekämpft« und sich den »herrschenden Verhältnissen unterworfen«. Das sei keine linke Politik. Leider wahr. Nach Einschätzung Audretschs verhindert das neue Rentengesetz Armut nicht. Auch das ist wahr.

Das beschlossene Rentengesetz bevorteilt vor allem die Reichen. Erstens, weil das Rentenniveau durch eine Aufwertung der Rentenpunkte garantiert wird. Diese Punkte orientieren sich am Durchschnittseinkommen. Wer also überdurchschnittlich verdient, profitiert überdurchschnittlich von der sogenannten Rentenstabilisierung. Umgekehrt: Wer ein Leben lang für einen niedrigen Lohn arbeitet, bekommt weniger Rentenpunkte und erreicht auch nicht das Niveau von 48 Prozent. Wer im Alter Grundsicherung bezieht, ist sowieso ausgeschlossen.

Zweitens sollen die Mehrkosten vom Bund gestemmt und wohl über Steuereinnahmen gegenfinanziert werden. Aber dass die Regierung zur Mittelbeschaffung lieber bei den Beschäftigten und Armen kürzt, als nach dem Kapital zu greifen, beweisen die tagtäglichen Angriffe auf den von der SPD beschworenen Sozialstaat zugunsten der Aufrüstung. Und überhaupt: Dass die alternde Bevölkerung für die drohenden Rentenkürzungen verantwortlich sein soll und nicht der Fakt, dass die Löhne und ergo die Beiträge zur Alterssicherung nicht mit der wachsenden Produktivität in Deutschland Schritt gehalten haben, ist ohnehin ein ideologisches Puzzlestück der Attacken auf die Arbeiterklasse unter der Merz-Regierung.

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