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Aus: Ausgabe vom 05.12.2025, Seite 4 / Inland
Rentenstreit

Ein bisschen peinlich

Berlin: Regierungskoalition bedankt sich für Hilfestellung der Linkspartei, will aber eigene Mehrheit
Von Kristian Stemmler
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Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) mit Kanzler Friedrich Merz (CDU) im Bundestag (26.11.2025)

Mit der Ankündigung der Linkspartei vom Mittwoch, sich bei der Abstimmung über das Rentenpaket an diesem Freitag im Bundestag zu enthalten – was de facto auf eine Stabilisierung der wankenden Regierungskoalition hinausläuft –, ist sichergestellt, dass der Gesetzentwurf den Bundestag so oder so passieren wird. Doch die Regierungsparteien bemühen sich, die Begeisterung über staatstragende Rettungsmanöver von links nicht zu offen zu zeigen. SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil zeigt sich am Mittwoch abend in der ARD zwar »wirklich dankbar«, wie »verantwortungsvoll« die Linke sich verhalte. Es gehe dennoch darum, »eine eigene Mehrheit zu organisieren«. In den kommenden dreieinhalb Jahren werde man sehr viele Entscheidungen zu treffen haben, »und wir können nicht immer davon ausgehen, dass die Linken oder dass die Grünen uns da zur Seite springen«, so Klingbeil. Das kann man offenbar schon, wie sich gerade wieder zeigt – aber natürlich ist das auf Dauer für alle Beteiligten ein bisschen peinlich.

Besonders natürlich für die Union, wo man sich trotzig gibt. »Die CDU darf sich nicht von der Linken abhängig machen«, verkündete CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann gegenüber der Welt. Steffen Bilger, parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, erklärte gegenüber der Rheinischen Post (Freitagausgabe), seine Fraktion richte sich »nie nach dem Verhalten von Linkspartei oder AfD«.

Die eigene Mehrheit ist gefährdet, weil die sogenannte Junge Gruppe in der Unionsfraktion, in der neoliberale Hardliner den Ton angeben, unter dem Beifall von Teilen der Medien auf »rebellisch« macht. Bis Mittwoch sollten sich alle Unionsabgeordneten, die bei der Abstimmung mit »Nein« stimmen wollen, bei der Fraktionsführung melden. Am Donnerstag standen dem Vernehmen nach Einzelgespräche an.

Mit Blick auf diese Gespräche zeigte sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) zuversichtlich, dass die Regierungsmehrheit bei der Abstimmung zustande kommt. Das Gesetz brauche eine einfache Mehrheit und »nach allem, was ich mitkriege, wird es die geben«, so Wüst gegenüber dem Deutschlandfunk. »Schwarz-rot« hat zwölf Stimmen Mehrheit im Bundestag – und das könnte, gäbe es nicht die Hilfestellung der Linkspartei, eng werden.

Nach wie vor gilt ein Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU, der jede Zusammenarbeit mit der Linken verbietet. Allerdings hatte man das bei der Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler im Mai schon nicht so genau genommen – denn ohne Hilfe der Linken wäre es nicht möglich gewesen, einen schnellen zweiten Kanzlerwahlgang zu ermöglichen. Schon damals half die Partei Merz aus der Verlegenheit.

Bei der Linken hielten unterdessen die Bemühungen an, die neuerliche Rettungsaktion für Merz und die Regierungskoalition als soziale Tat darzustellen. Ihre Fraktion werde nicht akzeptieren, dass das Rentenniveau »noch weiter gedrückt wird«, schrieb Fraktionschefin Heidi Reichinnek auf X. Der Konflikt zwischen jung und alt existiere nicht. »Es gibt einen Konflikt zwischen denen, die immer mehr haben, und denen, die immer weniger haben«, so Reichinnek. Die Linke-Kovorsitzende Ines Schwerdtner erklärte ebenfalls auf X, durch die Enthaltung gebe ihre Fraktion »diese dilettantische Regierung der Lächerlichkeit Preis«. Häme kam von Britta Haßelmann, Kofraktionschefin von Bündnis 90/Die Grünen. Nun müsse sich »der Kanzler also von den Linken helfen lassen, um ein Gesetz durchzukriegen, gegen das seine eigenen Leute meutern«, schrieb sie am Mittwoch auf X.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) kritisierte derweil die Debatte über das Rentenpaket innerhalb der Union. Jede Einschränkung der gesetzlichen Rente, die nicht aus einer Anpassung an die Lohnentwicklung resultiere, sei ein »schwerer Schlag«, sagte Woidke in Berlin. Am Ende würden diese Einschnitte auch keine Einsparungen bedeuten, weil viele Menschen dann »ins deutsche Sozialsystem« rutschten.

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