Gegründet 1947 Donnerstag, 20. November 2025, Nr. 270
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Aus: Ausgabe vom 20.11.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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»Engagement und Überzeugungskraft«

Zu jW vom 13.11.: »›Komm mal wieder‹«

Hans Meier kannte ich gut. Er war in den Jahren von 1973 bis 1978 gern gesehener Genosse in Bremen-Nord bei unseren öffentlichen Veranstaltungen der DKP in der Grohner »Marktklause«. Insgesamt war er viermal bei uns und sprach zu Themen wie »Realer Sozialismus SU, DDR«, »Eurokommunismus«, unsere »DKP-Programmatik«, »Ausweisung von Wolf Biermann«. Wenn ich nicht irre, gab es noch kein Rauchverbot in der Gaststätte, er rauchte gern kleine Zigarillos. So ein höflicher, besonnener Genosse, der mit Engagement und Überzeugungskraft Genossinnen zu überzeugen versuchte, die andere »ideologische Positionen« vertraten.

Er diskutierte leidenschaftlich mit einer jungen französischen Genossin von der FKP, die einen fortschrittlichen Mann in Bremen-Blumenthal heiratete, in der FKP blieb, aber auch Mitglied der DKP wurde. Beide diskutierten ihre unterschiedlichen Positionen, ohne einander näherzukommen. Michele Behrens blieb bei ihrer Kritik gegenüber der UdSSR, DDR und gegen die Ausweisung von Wolf Biermann. Es blieb immer höflich und freundlich, man ließ sich ausreden, war immer sachlich. Unsere Genossin Michele war sogar beim Festival der Jugend in Dortmund 1978, wo ihr Genosse George Marchais sprach, auch Luis Corvalán anwesend war. Corvalan hielt eine begeisternde Rede. Hans Meier war sich nie zu schade, auch Eltern unserer jungen Genossen anzurufen, wenn sie wegen Parteiarbeit persönliche oder politische Probleme mit ihren Kindern hatten. Einfach toll, phantastisch. Was für ein Genosse!

Gerd-Rolf Rosenberger, Bremen

Flut von Ersatzbedürfnissen

Zu jW vom 17.11.: »Verkehrte Einsichten«

Der Kerngehalt dieser Themaseite erschließt sich für mich in der weiteren Fragestellung, was das alles für die politische Praxis in Gesprächen an Infotischen zu bedeuten hat. Mehrheitlich finden es Normalbüger:innen ganz normal, dass ihre wesentlichen Bedürfnisse durch eine Flut von Ersatzbedürfnissen »befriedigt« werden.

Dazu sollte der erste Satz des obigen Artikels ergänzt werden: »Die fertige Gestalt der ökonomischen Verhältnisse (hier: die der glitzernden Gestalt des schier unermesslichen Warenangebots – M. P.), wie sie sich auf der Oberfläche zeigt, in ihrer realen Existenz, und daher auch in den Vorstellungen, worin die Träger und Agenten dieser Verhältnisse sich über dieselben klarzuwerden suchen, sind sehr verschieden von (den innern, wesentlichen Bedürfnissen, die tatsächlich den Kerngehalt jedes Individuums ausmachen – M. P.) und in der Tat verkehrt, gegensätzlich zu ihrer innern, wesentlichen, aber verhüllten Kerngestalt und dem ihr entsprechenden Begriff.« (Marx, Kapital 3. Band, S. 219)

Hier lag und liegt ein wichtiger Schlüssel zum »notwendig falschen Bewusstsein« vieler DDR-Bürger:innen, die die Schaufenster des Westens aus der »allgemeinen Logik einer Marktwirtschaft« und nicht aus den realen ökonomischen kapitalistischen Verhältnissen abgeleitet haben. Glitzernde Warenwelt, Hochrüstung, sozialer Kahlschlag und Kriegsabenteuer bilden das die Menschheit bedrohende Amalgam, das es heute mit aller Macht zu bekämpfen gilt!

Manfred Pohlmann, Hamburg

Linkes Bürgertum I

Zu jW vom 17.11.: »Kurs auf ›rote Metropole‹«

Das linke Bürgertum möchte endlich auch an den Steuerfressnapf der BRD. Er ernährt seit Kriegsende Nazis und deren heutigen Abkömmlinge. Thälmann-Mörder Kraus und Rosa-Luxemburg- und Karl-Liebknecht-Mörder Waldemar Papst wurden bis an ihre friedlichen Lebensenden in der BRD mit üppigen Renten durchgefüttert. Der Skandal ist weniger, dass der De-facto-Nazinachfolgestaat BRD allen Nazis zu einer neuen Karriere in Politik, Justiz und Wirtschaft verhalf. Nein, in meinen Augen ist der Skandal, dass kein Kommunist die Mörder von Thälmann, Luxemburg und Liebknecht liquidiert hat. Das linke Bürgertum genießt es, politisch mit Antideutschen und Zionisten in einem Bett zu schlafen. Das linke Bürgertum wird sich in Krisenzeiten politisch den Faschisten zuwenden; das war immer so. Karl Marx hat im »Kommunistischen Manifest« geschrieben: »Ein Teil der Bourgeoisie wünscht den sozialen Missständen abzuhelfen, um den Bestand der bürgerlichen Gesellschaft zu sichern. Es gehören hierher: Ökonomisten, Philanthropen, Humanitäre, Verbesserer der Lage der arbeitenden Klassen, Wohltätigkeitsorganisierer, Abschaffer der Tierquälerei, Mäßigkeitsvereinsstifter, Winkelreformer der buntscheckigsten Art.« (Kapitel: »Der konservative oder Bourgeoissozialismus«)

Manfred Guerth, Hamburg

Linkes Bürgertum II

Zu jW vom 17.11.: »Kurs auf ›rote Metropole‹«

Wann werden wir uns eigentlich endlich eingestehen, dass der Kampf längst verloren und die Linkspartei längst in eine Partei des liberalen Kleinbürgertums mit Einsprengseln von Erinnerungen an früher Progressives umgeformt worden ist? Eines Kleinbürgertums, von dem schon Friedrich Engels in »Revolution und Konterrevolution in Deutschland« (1852) zu berichten wusste, dass es ganz objektiv zur Wankelmütigkeit gezwungen ist:

»Seine Zwischenstellung zwischen der Klasse der größeren Kapitalisten (…) und der Arbeiterklasse ist für seinen Charakter bestimmend. Es strebt nach der Stellung der Bourgeoisie, aber das geringste Missgeschick schleudert die Angehörigen des Kleinbürgertums hinab in die Reihen des Proletariats. (…) Das ewige Hin- und Hergerissensein zwischen der Hoffnung, in die Reihen der wohlhabenden Klasse aufzusteigen, und der Furcht, auf das Niveau von Proletariern (…) herabgedrückt zu werden (…) macht es (gesetzmäßig) äußerst wankelmütig in seinen Anschauungen.«

Joachim Seider, Berlin

Hans Meier war sich nie zu schade, auch Eltern unserer jungen Genossen anzurufen, die wegen Parteiarbeit persönliche oder politische Probleme mit ihren Kindern hatten. Einfach toll, phantastisch. Was für ein Genosse!

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