Draußen vor der Tür
Von Kristian Stemmler
Der Streit über die »Rundfunkreform« ist erst einmal abgehakt, Fragen zur Zukunft der SPD-BSW-Koalition und zum Agieren des BSW bleiben. Die Abstimmung über die beiden Medienstaatsverträge ging am Mittwoch nachmittag im Brandenburger Landtag ohne Drama über die Bühne. Wie angekündigt verließen die vier aus dem BSW – aber nicht aus der Fraktion – ausgetretenen Abgeordneten vor der Abstimmung den Saal und Finanzminister Robert Crumbach stimmte als einziger BSW-Vertreter gegen den Willen der Mehrheit seiner Fraktion für die Verträge. Mit den Stimmen von SPD und CDU reichte das für eine Mehrheit von 45 zu 39 Stimmen.
Die Staatsverträge zur »Reform« des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) und zum Jugendschutz sollen ARD, ZDF und Deutschlandradio »moderner und schlanker« machen, was vor allem Streichungen von Programmen bedeutet. Brandenburg war das letzte Land, das den Staatsverträgen zustimmen musste, damit sie am 1. Dezember in Kraft treten können.
In der Debatte verteidigte Erik Stohn (SPD) die »Rundfunkreform« mit den Worten, es werde damit der »Fokus auf den Kernauftrag« des ÖRR gelegt. Dieser sei ein »Fels in der Brandung gegen Desinformation«. Der BSW-Abgeordnete Falk Peschel erklärte, der ÖRR sei »in der Krise«. Es gebe immer mehr Kritik an der Gewichtung von Themen und journalistischer Qualität. Der »Reformstaatsvertrag« benenne viele Probleme noch nicht einmal, im Ergebnis stehe ein »nuanciertes ›Weiter so‹«.
Die Krise in der Koalition ist mit der Abstimmung nicht erledigt. Zur Belastung werden insbesondere die Auseinandersetzungen in der BSW-Fraktion. Vor der BSW-Fraktionssitzung am Dienstag forderte dessen Fraktionsvize Christian Dorst Crumbach zum Verzicht auf sein Landtagsmandat auf und stellte die Koalition mit der SPD in Frage. Vor Beginn der Fraktionssitzung sagte Dorst laut RBB, die Trennung von Amt und Mandat sei für ihn »eine der Grundvoraussetzungen für eine künftige Lösung, damit es sinnvoll weitergehen kann«.
Er halte Crumbach »weiterhin für einen guten Finanzminister, aber für ein völlig ungeeignetes Fraktionsmitglied«, so Dorst, der sich damit auf dessen abweichendes Stimmverhalten bei den Staatsverträgen bezog. Er erwarte von Crumbach, »dass er freiwillig verzichtet und sich auf sein Ministeramt fokussiert«. Andernfalls habe er Zweifel, ob es eine Lösung für die Fortsetzung der Koalition und eine Arbeitsfähigkeit in der Fraktion geben könne. Crumbach reagierte lapidar auf die Forderung. »Was Herr Dorst vor der Tür sagt, interessiert mich nicht«, sagte er laut RBB.
Unklarheiten gibt es beim BSW auch in Hinsicht auf die vier in der vergangenen Woche aus der Partei ausgetretenen Abgeordneten. Der Fraktionsvorstand beschloss am Dienstag dem Tagesspiegel zufolge, die vier nicht mehr im Landtag sprechen zu lassen. Das ist deshalb möglich, weil alle vier – Jouleen Gruhn, Melanie Matzies, André von Ossowski und Reinhard Simon – angekündigt hatten, trotz Parteiaustritt in der Fraktion bleiben zu wollen. Das Quartett hatte seinen Austritt mit zu großer Einflussnahme durch die Berliner Parteispitze begründet. »Autoritäre Tendenzen« prägten zunehmend das innerparteiliche Klima. Solche Vorwürfe sind zuletzt im BSW auffallend oft von Leuten zu hören, denen es ersichtlich vor allem um »Regierungsverantwortung« geht.
Die Noch-BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht sagte dem RND, dass ihre Partei bei den Medienstaatsverträgen »frühzeitiger unsere Bedenken hätte anmelden müssen«. Das Thema habe keiner wirklich auf dem Schirm gehabt, »weil wir eben eine so junge Partei sind und noch nicht diesen Referentenapparat haben, der in etablierten Parteien solche Aufgaben erledigt«. Die Kritik am ÖRR, »an dessen Einseitigkeit und der Verengung des Meinungskorridors«, teile die Partei »mit vielen unserer Anhänger«.
Einen prominenten Eintritt gab es derweil bei der Brandenburger SPD zu vermelden. Der parteilose Innenminister René Wilke, der im Juni 2024 aus der Partei Die Linke ausgetreten war, trat in die SPD ein, wie SPD-Fraktionschef Björn Lüttmann am Dienstag verkündete. Wilkes Eintritt mache »einiges leichter für die Zusammenarbeit«, so Lüttmann.
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