Mindestens 300 Euro mehr im Monat
Von Susanne Knütter
Wo der Staat Hunderte Milliarden für Rüstung, Militär und Kriegsertüchtigung aufbringt, ist es geradezu gewerkschaftliche Pflicht, hohe Tarifforderungen zu stellen. Sonst verlieren die Gewerkschaften – die stets betonen: wenn Sondervermögen für Rüstung, dann bitte auch für Bildung und Soziales – weiter an Glaubwürdigkeit. Vor dem Hintergrund sind die Forderungen für die Tarifrunde des öffentlichen Dienstes der Länder mehr als moderat. Sieben Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 300 Euro monatlich mehr. Das machten die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und der Beamtenbund (DBB) am Montag öffentlich. Für Nachwuchskräfte sollen die Vergütungen um 200 Euro pro Monat steigen. Gefordert wird ihre unbefristete Übernahme nach erfolgreicher Ausbildung. Alle Zeitzuschläge sollen um 20 Prozentpunkte steigen. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen.
Erwartbar für »unangemessen« und völlig »überzogen« hält die Forderungen die Kapitalseite. Zwar verdienten die Beschäftigten der Länder Wertschätzung durch entsprechende Löhne, sagte der Vorsitzende der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, Andreas Dressel (SPD), am Montag abend. »Aber die geforderte Lohnerhöhung passt nicht in die Zeit und ist bei einer Inflationsrate von zwei Prozent völlig überzogen.« Es sei nicht zielführend, mit »ritualisierten astronomischen Forderungen nicht erfüllbare Erwartungen zu wecken, die am Ende zu großen Enttäuschungen bei vielen Beschäftigten führen«. Nun sehe er »äußerst schwere Verhandlungen auf uns zukommen«, sagte der Hamburger Finanzsenator laut einer Mitteilung weiter. Auch diese Warnungen gehören zu mittlerweile weitgehend ritualisierten Tarifverhandlungen.
Verdi-Chef Frank Werneke verweist auf die jüngste Steuerschätzung, wonach es einen größeren finanziellen Spielraum der Länder gebe: »Das muss sich auch bei den Gehältern zeigen, denn der öffentliche Dienst steht im Wettbewerb um die besten Fachkräfte – bei zugleich mehreren hunderttausend unbesetzten Stellen.« Nötig sei eine Erhöhung deutlich oberhalb der Inflation. Die Gehälter dürften auch nicht denen des Bundes und der Kommunen hinterherhinken. DBB-Chef Volker Geyer verwies auf eine Umfrage im Auftrag des Beamtenbunds, wonach 73 Prozent der Bürgerinnen und Bürger den Staat für überfordert hielten. »Vernachlässigte Straßen, Pflegenotstand, Unterrichtsausfall und das generell schwindende Sicherheitsgefühl der Bevölkerung haben eine gemeinsame Ursache: fehlendes Personal.« Deshalb müsse der öffentliche Dienst attraktiver werden. Von Rüstungsausgaben – wie auch schon in der Tarifrunde für Bund und Kommunen – kein Wort.
Im Dezember 2023 hatten sich Gewerkschaften und Länder auf Sonderzahlungen und eine Lohnerhöhung von 5,5 Prozent geeinigt. Die Einigung umfasste damals Inflationsausgleichszahlungen von insgesamt 3.000 Euro. Alles in allem ein Reallohnverlust, kritisierte etwa das Netzwerk für eine kämpferische und demokratische Verdi in einer Stellungnahme am 6. November und verlangte, »bei Lohnforderungen müssen auch die Verluste der vergangenen Lohnrunden ausgeglichen werden«.
Die Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für rund 1,2 Millionen Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst der Länder beginnen am 3. Dezember in Berlin. Hessen ist nicht betroffen, weil das Land unter der Regierung von Roland Koch (CDU) aus dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TVL) ausgeschert ist. Die Gewerkschaften fordern zudem die Übertragung des Ergebnisses auf die rund 1,3 Millionen Beamtinnen und Beamten sowie rund eine Million Versorgungsempfängerinnen und -empfänger.
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