Wirtschaftsministerin Reiche will »Agenda 2030«
Berlin. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche schlägt angesichts der langen Wachstumsschwäche eine grundlegende Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik vor. Die CDU-Politikerin sprach von einer »Agenda 2030«. »Die Lage ist ernst, wirtschaftspolitisch ebenso wie sicherheitspolitisch«, sagte Reiche in einer Grundsatzrede in Berlin. Deutschland drohe international den Anschluss zu verpassen und brauche ein umfassendes »Fitnessprogramm« - nach dem Prinzip: mehr Wettbewerb, weniger Staat.
Reiche hielt ihre Rede auf einem Symposium ihres Ministeriums zur Sozialen Marktwirtschaft. Reiche will nun eine »zeitgemäße Ordnungspolitik«. Die soll so aussehen: »Damit der Staat Handlungsfähigkeit zurückgewinnt, muss er sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren«, sagte Reiche. Dazu zählten innere und äußere Sicherheit, Infrastruktur und Bildung. »Subventionen und Förderprogramme müssen hingegen rigoros überprüft, Fehlanreize auch unter Schmerzen abgebaut werden.« Reiches Ideen stehen damit der Subventionspolitik Robert Habecks entgegen, der einzelne Konzerne etwa bei Halbleitern oder Batterien unterstützte.
In diesem Zusammenhang deutete die Ministerin Einschnitte bei der Heizungsförderung an. Beim Heizungstausch werde künftig mehr Eigenverantwortung gefragt sein. Sie bekräftigte ihr Ziel, in der Energiepolitik insgesamt die Kosten zu senken und sie marktwirtschaftlicher auszurichten. Dazu gehöre, dass Fördermaßnahmen effizienter ausgerichtet und im Zweifel auch stärker zugeschnitten werden sollten auf die Fälle, bei denen es tatsächlich auf die Förderung ankomme.
Die Ministerin sieht Deutschland in einer strukturellen Krise, wie es sie in der Geschichte der Sozialen Marktwirtschaft noch nicht gegeben habe. Reiche schlägt eine »Agenda für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit« vor. Dafür müssten für Firmen mehr Freiräume geschaffen werden. Der Staat könne die Bürger und Unternehmen nicht vor allen Risiken schützen. Die Verwaltung müsse digitaler werden. Künstliche Intelligenz müsse als Chance für Wachstum begriffen werden. Es gehe um eine innovationsfreundliche Regulierung, auch beim Datenschutz.
Reiche sprach sich erneut für eine längere Lebensarbeitszeit aus – dafür war sie bereits kritisiert worden. Zudem müsse man fragen, ob mit der Lohnfortzahlung ab dem ersten Krankheitstag falsche Anreize gesetzt werden. Reiche sagte, es brauche mehr Reformen, um das Arbeiten im Alter gegenüber einem frühzeitigen Eintritt in den Ruhestand attraktiver zu gestalten. Man müsse den Mut haben, Reformen umzusetzen, auch gegen Widerstände, sagte Reiche. Ob und welche tiefgreifenden Reformen etwa bei der Rente und der Pflege geben soll, wird in der schwarz-roten Koalition noch diskutiert.
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