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Aus: Ausgabe vom 17.11.2025, Seite 1 / Ansichten
Großbritannien

Nach unten treten

Britische Regierung verschärft Asylpolitik
Von Jörg Kronauer
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Schuld sind immer die anderen – im Zweifel die, die man abschieben kann

Rassismus geht immer: Das ist die Maxime, an die sich die dahinsiechende britische Labour-Partei klammert – in der Hoffnung, ihren Absturz doch noch irgendwie verhindern zu können. Gerade mal eineinhalb Jahre ist es her, da pendelte sie in Umfragen noch stabil um die 45 Prozent. Seitdem hat sie es unter Premierminister Keir Starmer geschafft, in Rekordtempo auf 18 Prozent abzustürzen. Ihr Rezept? Die neoliberale Politik auf die Spitze treiben, Senioren die Heizkostenzuschüsse im Winter kürzen, Rollstuhlfahrern die Mittel für ein eigenständiges Leben streichen. Ansonsten tut sich Labour, ganz nach dem Vorbild der Staaten des europäischen Kontinents, durch miserables bis lächerliches Politpersonal hervor. Derweil wachsen die sozioökonomischen Probleme in den düsteren Novemberhimmel. 14 Millionen Menschen haben so wenig Geld, dass ihr Zugang zu Nahrung zeitweise nicht gesichert ist. Das zugrunde gekürzte Gesundheitssystem nähert sich wahrnehmbar dem Kollaps. Die Infrastruktur verrottet.

Was nun, wenn man das verfügbare Geld partout von unten nach oben, vom zivilen Alltag ins Militär umverteilen will? Nun, dann diagnostiziert man halt wie Innenministerin Shabana Mahmood: Nicht Armut, nicht Hunger, nein, »illegale Migration zerreißt unser Land«. Und dann reißt man eben, die Verarmten gegen die Verelendeten hetzend, mit lautem Geschrei das Asylsystem ein. In Zukunft soll die Schutzbedürftigkeit regelmäßig überprüft, sollen Fristen für die Einbürgerung drastisch verlängert, die Abschiebungen ausgeweitet werden. Das Modell dafür sei das dänische Asylgesetz, heißt es. Starke Parallelen bestehen freilich auch zum deutschen. Hier wie dort spricht allerdings nichts dafür, dass die Rassismuskarte – Starmer nahm im Frühjahr sogar den Ausdruck »Insel voller Fremder« in den Mund – Labour vor dem weiteren Absturz bewahrt. Denn wer lieber nach unten tritt als gegen oben aufbegehrt, wählt auch im Vereinigten Königreich weiter das rassistische Original, Nigel Farages Partei Reform UK, und nicht Starmers blasse Labour-Abschiebekopie.

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