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Aus: Ausgabe vom 07.11.2025, Seite 16 / Sport
Fußball

Sind so viele Spiele

Die U17-Fußball-WM in Katar
Von André Dahlmeyer
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Holt ihn euch doch: Österreich im Vorrundenspiel gegen Saudi-Arabien (Doha, 5.11.2025)

Die erste U17-Fußball-WM (damals noch U16) fand 1985 in China statt. Nigeria besiegte im Finale Westdeutschland mit 2:0, Brasilien dominierte im »kleinen Endspiel« Guinea (4:1). Zwei Jahre darauf zog der Wettbewerb nach Kanada um. Die Nigerianer erreichten wieder das Endspiel, scheiterten jedoch vom Punkt an den Sowjets, dritter wurde die Elfenbeinküste. 1989 in Schottland war ein ganz schräges Turnier: Am Ende verloren die Gastgeber das Finale, abermals vom Punkt, gegen Saudi-Arabien. Fußballbengelschwergewicht Bahrain, das im Viertelfinale Brasilien eliminierte, schaffte es bis ins Spiel um Platz drei. Einziges deutschsprachiges Team war die DDR-Auswahl von Eberhard »Matz« Vogel, die ihre Gruppe vor den Brasilianern gewann, dann aber an den Schotten scheiterte. Erst 2001, bei der neunten U17-WM in Trinidad und Tobago, gewann wieder ein Team aus Europa: Frankreich setzte sich im Finale mit 3:0 gegen Nigeria durch, im Spiel um Platz drei besiegte Burkina Faso die Argentinier (2:0).

Bis dahin war der Titel bereits viermal nach Afrika gegangen (je zweimal nach Nigeria und Ghana). Daher wird es niemanden verwundern, dass der Rekordweltmeister der Altersklasse nicht Brasilien (vier Titel), sondern Nigeria (fünf) ist. Erstaunlicherweise setzten die Nigerianer 2009 die Heim-WM an die Wand, verloren als Titelverteidiger das Finale gegen die Schweiz (0:1) – auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn. Bei der U17-WM 2017 in Indien wurde der Titelverteidiger Nigeria nicht zugelassen, weil 26 Spieler aus dem Kader den medizinischen Alterstest nicht bestanden hatten. U20-Rekordweltmeister Argentinien (sechs) hat noch nie das Finale erreicht. Soweit die Geschichte.

Gerade hat in Katar (gekickt wird in Al-Rayyan, der zweitgrößten Stadt des Landes) die zwanzigste U17-WM begonnen. Bisher fand sie alle zwei Jahre statt, kein Land hat sie zweimal ausgetragen. Doch die FIFA ist inzwischen durchgedreht: Der Wettbewerb wird jetzt jährlich veranstaltet, und zwar fünfmal nacheinander in Katar – da rollt der Rubel. Im Gegensatz zur letzten WM in Indonesien partizipieren nun auch doppelt so viele Teams, insgesamt 48. Die werden in zwölf Vierergruppen durchs Turnier gepeitscht, dürfen in rund drei Wochen 104 Spiele absolvieren. Titelverteidiger ist Deutschland, das zuvor im Finale vom Punkt gegen Frankreich bestanden hatte. Paris Brunner (AS Mónaco) war als erst zweiter Deutscher (nach Toni Kroos 2007) zum MVP des Turniers gewählt worden. Rekordtorschütze bei der U17-WM ist mit zehn Treffern der Ex-Wolfsburger Victor Osimhen, dem am Mittwoch für Galatasaray Istanbul ein lupenreiner Hattrick im Champions-League-Match bei Ajax Amsterdam gelang.

Von Montag bis Mittwoch wurde der erste Spieltag der Gruppenphase gekickt, 24 Spiele, also quasi ein Viertel der WM. Wer denkt sich so was aus? Dabei ist auch eine Auswahl des menschenfeindlichsten Landes der Welt, El Salvador, für die FIFA kein Problem, sind ja keine Russen. El Salvador spielt in der deutschen Gruppe und bekam gleich zum Auftakt von Nordkorea (5:0) akkurat auf den Sack, wobei Zehner Yu-jin Kim doppelt einlochte. El Salvadors Tormann heißt Oliver Freude, die dürfte sich gelegt haben. Das von Marc-Patrick Meister gecoachte deutsche Team ging praktisch aus der Kabine heraus durch Toni Langsteiner in Führung, die Juan Cataño nach einer Stunde für das starke Kolumbien zum Endstand ausglich. Heute (nach Redaktionsschluss) trifft der Weltmeister auf Nordkorea, am Montag auf El Salvador. Mal sehen, was die sich wieder für lustige Binden ausdenken.

Mit einem Sieg startete indes Österreich ins Turnier. Der einzige Treffer gegen Saudi-Arabien gelang Johannes Moser per Strafstoß nach dem Seitenwechsel. Keine Mühe hatte in der Todesgruppe F die Schweiz beim 4:1 gegen die Elfenbeinküste (zwei Treffer von Adrien Llukes). Im zweiten Spiel der Gruppe besiegte Südkorea den zweimaligen Weltmeister Mexiko mit 2:1, die Koreas, irgendwie marschieren sie. Wenn eine marokkanische Mannschaft aufläuft, hat man immer Lust, das zu sehen. Die U17 hatte jedoch kein Glück und verlor gegen die Kleenen aus Japan mit 2:0 (der entscheidende Treffer von Daigo Hirashima fiel tief in der Nachspielzeit). Eine große Überraschung gab es in der Gruppe E, wo England (Weltmeister 2017) gegen das quirlige Venezuela beim 0:3 völlig chancenlos war. Coach der Südamerikaner ist der ehemalige Innenverteidiger Oswaldo Vizcarrondo (FC Nantes), der auch die U15 Venezuelas betreut und aktuell Interimstrainer der A-Nationalmannschaft ist. Heute trifft Venezuela auf Ägypten, das zum Auftakt mit 4:1 gegen Haiti gewann.

Brasilien hat eine Pappnasengruppe erwischt. Beim 7:0 gegen Honduras spielten die Mini-Brasucas zwischendurch Karten oder manikürten sich die Nägel. Im anderen Match gewann Sambia nach Rückstand mit 3:1 gegen Indonesien (zwei Tore von Mittelstürmer Abel Nyongo, zwei Assists von Kelvin Mulenga). Tschechien gewann mit einem Hattrick von Vít Škrkoň 6:1 gegen Tadschikistan, Paraguay stolperte beim 1:2 gegen Usbekistan (zweimal Azizbek Abdumuminov), Kanada verlor bis Minute 88 gegen Uganda und gewann noch 2:1 und im spannendsten Spiel des Turniers besiegte Diego Placentes Argentinen die Auswahl Belgiens mit 3:2.

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