Machtkampf um Trumps Zollkrieg
Von Lars Pieck
Der Oberste Gerichtshof entscheidet seit Mittwoch, ob der US-Präsident mit seiner eskalierenden Zollpolitik im Rahmen seiner Befugnisse bleibt. Die Entscheidung wird mit Spannung erwartet, mögliche Milliardenverlusten und weitreichende Folgen für die US-Handelspolitik stehen im Raum. Die Trump-Regierung stößt bei den Richtern zunächst auf Skepsis, die den ungewöhnlichen Einsatz eines Notstandsgesetzes zur Einführung der Zölle hinterfragen. Die Klage war von US-Unternehmen eingereicht worden, denen sich zwölf Bundesstaaten anschlossen. Sie argumentieren, durch die Zölle geschädigt worden zu sein. Selbst drei von Trump ernannte Richter könnten zu dem Schluss kommen, dass er ihm auferlegte Grenzen überschritten hat. Trump orakelte, die USA könnten »wehrlos« werden und »fast auf den Status einer ›Dritte Welt‹-Nation zurückfallen«, sollte das Gericht gegen ihn urteilen.
Zölle sind zu einem zentralen Element von Trumps Außenpolitik in seiner zweiten Amtszeit geworden. Den meisten Ländern wurden zweistellige »gegenseitige« Abgaben auferlegt, begründet durch die Erklärung der langjährigen US-Handelsdefizite zum »nationalen Notstand«. Laut Berechnungen des Budget Lab der Yale University stieg der durchschnittliche US-Zollsatz seit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus im Januar von 2,5 auf 17,9 Prozent, den höchsten Wert seit 1934.
Das Gericht ist mit sechs konservativen zu drei liberalen Richtern gespalten. Für eine Mehrheit gegen die Zölle, müssten sich die drei liberalen Richter, die die Regierungsargumente bereits ablehnten, mit mindestens zwei konservativen Richtern zusammenschließen. Amy Coney Barrett, Neil Gorsuch und Oberster Richter John Roberts zeigten sich skeptisch gegenüber dem Präsidenten. Trumps fragwürdiges Vorgehen: Er berief sich zunächst auf den International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) von 1977, um ohne Zustimmung des Kongresses Zölle zu verhängen. Im Februar nutzte er das Gesetz gegen Kanada, Mexiko und China, mit Verweis auf illegale Einwanderung und Drogenschmuggel. Im April folgten weltweite Zölle, nachdem er Handelsdefizite zum Notstand erklärt hatte. Roberts bezweifelte jedoch, dass das Gesetz Zölle rechtfertigen könne, da es dafür noch nie zuvor herangezogen wurde, betonte er gegenüber Generalstaatsanwalt D. John Sauer.
Zölle sind Steuern auf Importe, und Gorsuch äußerte die Sorge, der Kongress könne damit seine Steuerhoheit an den Präsidenten abtreten. Er betonte, dass das Greifen in die Taschen der Bürger seit der Gründung der USA eine besondere Bedeutung habe, zumal Steuerstreitigkeiten (»Boston Tea Party«, 1773) einst zum Ende der britischen Kolonialherrschaft beitrugen.
Für Trump besteht dennoch Hoffnung – Barrett zeigte sich besorgt über die Frage, ob Unternehmen Anspruch auf Rückerstattung der Zölle hätten, falls das Gericht die Nutzung der Notstandsbefugnisse zur Einführung der Abgaben für unzulässig erklärt. Laut der US-Zoll- und Grenzschutzbehörde hat die Regierung bis zum 23. September fast 90 Milliarden Dollar aus den angefochtenen Zöllen eingenommen.
Auch Kavanaugh, Alito und Thomas könnten die Regierung unterstützen. Kavanaugh verwies dabei auf die weltweiten Zehn-Prozent-Zölle von Präsident Richard Nixon unter einem Vorgänger des IEEPA, die als Präzedenzfall von einem Berufungsgericht bestätigt wurden. Das Verständnis dieses Präzedenzfalls sei entscheidend. Barrett und Kavanaugh griffen zudem das Klägerargument auf, wonach der Präsident zwar ein vollständiges Handelsembargo verhängen, nicht aber Zölle von nur einem Prozent erheben dürfe. Barrett fragte, ob es dann nicht sinnvoll sei, dem Präsidenten zu erlauben, mildere Mittel als ein komplettes Handelsverbot einzusetzen, um ausländische Staaten zu bestimmten Handlungen zu bewegen.
Das Gericht nahm den Fall erst im September an und setzte die Verhandlung binnen weniger Monate an, was auf zügiges Handeln schließen lässt. Selbst wenn das IEEPA keine unbegrenzte Zollhoheit gewährt, könnte das Gericht eine eingeschränkte Befugnis definieren, die in Trumps Zuständigkeitsbereich fällt. Finanzminister Scott Bessent erklärte im September gegenüber Reuters, dass Abschnitt 338 des Tariff Act, der Zölle bis 50 Prozent ohne Prüfung erlaubt, als Plan B geprüft werde, falls der Oberste Gerichtshof Trumps Notfallzölle aufhebt.
Tageszeitung junge Welt am Kiosk
Die besondere Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
U.S. Senate Committee on the Judiciary/Handout via REUTERS27.09.2025Trump contra Comey
Diego Vara/REUTERS04.08.2025Brasilien wehrt sich
Alexandre Meneghini/REUTERS17.07.2025Anklage gegen Bolsonaro
Regio:
Mehr aus: Kapital & Arbeit
-
Indiens gierige Milliardäre
vom 07.11.2025