Eine Schande
Von Gabriele Damtew
					Voll der Hoffnung meinte so mancher, die früher allgegenwärtigen rassistischen Beschimpfungen in Fußballstadien gehörten der Vergangenheit an. Doch selbstverständlich sind rassistische Dummheit und Gemeinheit nicht ausgestorben. So geschehen vergangenen Sonnabend im Grünwalder Stadion, der Heimstätte von 1860 München. Adressat war der zuvor auf Cottbusser Seite eingewechselte Justin Butler. Versender ein Ekel von 1860-Fan, der Butler mit »Affenlauten« attackiert hatte. Als der entsprechend empört reagierte, flog prompt ein voller Bierbecher hinterher.
Was sich positiv geändert hat: Nach der Lautattacke und dem Wurf gab es spontane Unterstützung für Butler. Sein Gegenspieler von den Löwen, Marvin Rittmüller, zeigte sofort auf den Übeltäter, erboste sich. Auch bei Butlers Mannschaftskameraden um Kapitän Axel Borgmann und Ältestenrat Timmy Thiele sowie bei Trainer Claus-Dieter »Pele« Wollitz waren Ärger und Protest groß. Wollitz forderte vom Schiedsrichter den Spielabbruch bei Anerkennung der eigenen Niederlage – die Löwen führten 2:0 –, »um einfach mal ein Zeichen zu setzen«. Pele pur. Schiri Konrad Oldhafer hielt sich lieber ans Protokoll des DFB, das erst einmal eine Spielunterbrechung vorsieht. Beruhigt sich die Lage, wird weitergespielt. Nachdem der Delinquent aus dem Stadion »geleitet« worden war und der Schiri Butler gefragt hatte, ob er weiterspielen könne, ging es weiter bis zum regulären Abpfiff. Gesicht und Körpersprache Butlers sah man die innere Verletzung deutlich an.
Auf der Homepage von Energie Cottbus kam der gebürtige Augsburger Butler im Interview zu Wort. »Es war ein wirklicher Schockmoment für mich und eine Erfahrung, auf die ich lieber verzichtet hätte. Es ist erschreckend, dass es in einer aufgeklärten und modernen Welt wie unserer immer wieder zu solchen Vorfällen kommt. Dieser Umstand und die heutige Situation machen mich sehr traurig und nachdenklich. Eine Enttäuschung, die nicht einfach so zu verarbeiten ist. Rassismus darf in unserer Gesellschaft nirgendwo einen Platz finden. Nicht auf der Straße, nicht im Internet und auch nicht auf dem Fußballplatz! Menschen nach ihrer Hautfarbe zu beurteilen, sie abzuwerten und mit Affen zu vergleichen, das ist eine Schande. Ich möchte mich bei euch, bei meinen Teamkollegen und bei beiden Klubs für die vielen aufmunternden Worte, die Unterstützung und den Rückhalt bedanken, der mir heute entgegengebracht wurde – #NeinzuRassismus.«
Cottbus ist nach der Niederlage in München (3:0) punktgleich mit Duisburg, aber nach Tordifferenz unterlegen, also auf den zweiten Platz gerutscht. Wen kümmert’s?
Das sportlich spannendste Match des Spieltags fand unerwartet im kleinen Aue statt. Ein Ort, der unseren westdeutschen Lesern im Geographieunterricht unterschlagen worden sein dürfte. Die topographische Tallage haben beide auch tabellarisch gemein. Ein verrücktes Spiel. Zweimal ging Aue in Führung, dann drehte der Jahn das Spiel zum 3:2. Doch die Einwechselspieler stachen für den Gastgeber zum 4:3 in der Nachspielzeit. Aues Trainer Jens Härtel hob ob der höchsten Torquote seiner Amtszeit förmlich ab.
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