Mit allerletzter Kraft
Von Bernhard Krebs
Eine World Series wie eine wilde Achterbahnfahrt ist am Sonntag kurz nach Mitternacht (Ortszeit) in Toronto zu Ende gegangen. Das glücklichere Ende hatte am Ende der Vertreter der National League (NL), die Los Angeles Dodgers, die den Herausforderer aus der American League (AL), die Toronto Blue Jays, in der Endspielserie 4:3 schlagen konnten. Die Meisterschaft für die Dodgers stellt in der Major League Baseball die erste Titelverteidigung seit 25 Jahren dar. Von 1998 bis 2000 hatten die New York Yankees aus der AL letztmalig sogar dreimal hintereinander das große Finale für sich entscheiden können. In der NL war dieses Kunststück letztmalig 1975 und 1976 den als »Big Red Machine« berühmt gewordenen Cincinnati Reds gelungen. Hatte es nach den ersten beiden Partien der Serie in Toronto 1:1 unentschieden gestanden, hatten die Dodgers in ihrem ersten Heimspiel einen 18-Inning-Marathon mit einem Walk-off-Homerun von Freddie Freeman, dem wertvollsten Spieler (MVP) der Finalserie vom vergangenen Jahr, mit 6:5 für sich entscheiden können. So demoralisierend die Niederlage für die Blue Jays gewesen sein muss, schienen die Dodgers in dem sechs Stunden und 39 Minuten dauernden Schlagabtausch mehr Körner gelassen zu haben, verloren sie doch ihre beiden folgenden Heimspiele 2:6 und 1:6.
Mit einer 3:2-Führung der Blue Jays wechselte die Serie am Freitag zurück nach Toronto, wo der Gastgeber dann aber vor allem an Ausnahmewerfer Yoshinubo Yamamoto sowie Miguel Rojas, einem eher wenig beachteten Spieler von der Bank der Dodgers, scheiterte. In der alles entscheidenden siebten Partie lagen die Dodgers zwischenzeitlich schon 0:3 in Rückstand, kämpften sich aber zäh zurück. Beim Stand von 3:4 im neunten Inning glich Rojas zunächst mit einem Solohomerun zum 4:4 aus. Anschließend ging es ohne zählbare Erfolge bis ins elfte Inning, wo Will Smith ebenfalls mit einem Solohomerun die 5:4-Führung für die Dodgers besorgte, die Yamamoto mit allerletzter Kraft verteidigte, nachdem er bereits in Spiel sechs in sechs Innings mit 96 Würfen lediglich einen Run zugelassen hatte. In der regulären Saison waren Yamamoto nach jedem Einsatz auf dem Wurfhügel fünf Ruhetage zugestanden worden. Doch mit der Titelverteidigung am seidenen Faden hatte Teammanager Dave Roberts keine andere Wahl, als seinen besten Werfer nach 9 1/3 Innings ins Feuer zu werfen. Mit zwei Läufern der Blue Jays auf den Bases, die sein Mannschaftskamerad Blake Snell zugelassen hatte, musste Yamamoto liefern. Und der 27jährige lieferte beeindruckend. In 2 2/3 Innings ließ er mit 32 Würfen nichts Zählbares für die Blue Jays mehr zu. Nach dieser Leistung – zu der in Spiel zwei der Serie noch ein phänomenales »complete game« mit 110 gehörte – wurde der Japaner zum MVP der Finalserie gekürt. Am Ende war Yamamoto völlig ausgepumpt und konnte ohne Hilfe seiner Mannschaftskollegen nicht einmal mehr die MVP-Tro-phäe für die Fotografen in die Höhe recken.
Für die Toronto Blue Jays, die ihre beiden ersten und bis dato einzigen World-Series-Teilnahmen, 1992 und 1993, jeweils hatten gewinnen können, war die Niederlage vor heimischem Publikum im mit mehr als 44.700 Zuschauern ausverkauften Rogers Centre herzzerreißend. Beim Stand von 4:3 im neunten Inning standen sie zwei Outs vor dem Titelgewinn, ehe »Closer« Jeff Hoffman einen »Slider« mittig ins untere Drittel der Strikezone warf. Rojas nahm Maß und prügelte den Ball zum 4:4-Ausgleich auf die Tribüne. Dieser Treffer war so unwahrscheinlich, dass selbst Teammanager Roberts ungläubig seinen Kopf mit den Händen umklammerte. Nach dem Spiel sagte Roberts laut The Athletic: »Ich habe ihm vertraut, dass er das ›At bat‹ annimmt. Und er hat einen Pitch bekommen, den er bewältigen konnte, und den größten Hit seines Lebens gelandet.«
Rojas, der ab Spiel sechs wegen seiner Fähigkeiten mit dem Handschuh in die Startaufstellung gerückt war, hatte seit dem 1. Oktober nicht mehr getroffen. Seinen letzten Homerun hatte er am 19. September geschlagen. Ein halbes Inning nach seinem Homerun war es dann erneut Rojas, der mit einem genialen Wurf zur Homeplate einen »Walk-off«-Sieg für die Blue Jays verhinderte. Toronto hatte die Bases geladen, als Rojas einen harten Bodenball von Daulton Varsho an der zweiten Base barhändig und mit einem Knie auf dem Boden fing, um dann eine Rakete von einem Ball Richtung Homeplate zu feuern, wo Catcher Will Smith noch so gerade das Out gegen den einlaufenden Isaiah Kiner-Falefa sicherstellen konnte. Wieder ein halbes Inning später war es dann Smith, der mit seinem Solohomerun den 5:4-Endstand für die Dodgers besorgte. Die Blue Jays hatten dann noch eine Chance auf den Sieg. Mit Vladimir Guerrero Jr. auf der dritten Base stand Catcher Alejandro Kirk am Schlagmal. Doch Yamamoto »zersägte« dem Mexikaner mit einem 148 Kilometer pro Stunde harten »Splitter« regelrecht den Schläger. Den daraus resultierenden »soft ground ball« fing Shortstop Mookie Betts, der das letzte Double Play für zwei Outs zum Titelgewinn für die Dodgers in Szene setzte.
Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug
Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Mehr aus: Sport
-
Ist der Entwurf ein Indiz für neue Kräfteverhältnisse?
vom 04.11.2025 -
Eine Schande
vom 04.11.2025