Meloni forciert Megabrücke nach Sizilien
Von Gerhard Feldbauer
Die Planung zum Bau der Brücke vom italienischen Festland über die Straße von Messina nach Sizilien ist ein weiteres Mal gescheitert – diesmal am Einspruch des Corte dei conti, des Rechnungshofs. Das unabhängige Verfassungsorgan, das für die Überprüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Staates, der Regionen und nachgeordneten Gebietskörperschaften zuständig ist, begründete seine Entscheidung damit, dass »die Kosten des Projekts als zu hoch angesehen werden«, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur ANSA Ende vergangener Woche und zitierte die protofaschistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die der Entscheidung »als weiteren Akt richterlicher Übergriffigkeit« scharf widersprach.
Eine ausführliche Begründung will der Gerichtshof in einem Monat veröffentlichen. Die Ablehnung bedeutet nicht zwangsläufig das endgültige Aus und veranlasste Verkehrsminister und Vizepremier Matteo Salvini von der rechten Lega zur trotzigen Reaktion: »Wir machen weiter.« Um die Einwände zu übergehen, werde das Projekt notfalls im Kabinett und Parlament erneut bestätigt. Gegenüber dem Mailänder Corriere della Sera sprach er von einer »Justizkaste, die den Zusammenbruch ihrer Macht und ihres Imperiums sieht«. Er sei sich mit Premierministerin Meloni einig, dass ein solches Urteil das Prestigeprojekt »nicht stoppen könne«. Salvini gilt als Interessenvertreter der großen Unternehmen, die den Auftrag erhalten haben, allen voran die Webuild Group, die weltweit große Infrastrukturprojekte betreibt. Auch Außenminister und Vizepremier Antonio Tajani von der Forza Italia (FI) nannte es »inakzeptabel«, dass der Rechnungshof über die »Durchführung strategischer Projekte entscheidet«.
Die geplante Brücke über die Straße von Messina (Ponte sullo Stretto di Messina) soll 2032 fertig sein und die Insel Sizilien mit der italienischen Halbinsel verbinden. Geplant ist eine Hängebrücke mit einer Spannweite von 3.300 Metern, es wäre die längste der Welt. Bisher kann die Meerenge nur mit der Fähre überquert werden. Die Regierung Meloni hat die Gesamtkosten für das Prestigeprojekt auf 13,5 Milliarden Euro geschätzt. Finanzexperten machen geltend, dass es Schätzungen sind und die tatsächlichen Kosten erfahrungsgemäß bedeutend höher liegen würden. Umweltschützer lehnen das Projekt u. a. wegen ökologischer Auswirkungen auf die Landschaft und Meeresströmungen ab. Umstritten ist das Megaprojekt auch, weil die Region in einer seismisch stark aktiven Zone liegt; bei einem Erdbeben 1908 etwa kamen in Messina mehr als 70.000 Menschen ums Leben. In der Messina-Verwerfung bewegen sich die Afrikanische Kontinentalplatte und die Eurasische Platte gegeneinander.
Das seit Jahrzehnten betriebene Projekt gehörte zu den Lieblingsprojekten des ultrarechten früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, als Eigentümer des Mediaset-Konzerns auch einer der größten Bauunternehmer, ihm wurde nicht nur einmal vorgeworfen, in die eigene Tasche zu wirtschaften. Nach seinem Sturz im November 2011 wurde es ein Jahr später von der Mitte-links-Regierung unter dem früheren EU-Kommissar Mario Monti wegen seiner hohen Kosten aufgegeben. Seit ihrem Amtsantritt im Oktober 2022 treibt die Meloni-Regierung, allen voran Lega-Chef Salvini, das Vorhaben jedoch wieder mit Nachdruck voran. Im April 2023 wurde es per Gesetzesdekret vom Ministerrat genehmigt und im Mai von beiden Kammern des Parlamentes verabschiedet, womit das Projekt als rechtskräftig genehmigt gilt. Erste Bauarbeiten haben 2025 bereits begonnen.
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