Markenkern des Tages: &
Von Niki & Uhlmann
Und und und. Was am Ende von Aufzählungen üblicherweise eine unüberschaubare Anzahl von Optionen oder Entitäten ausdrücken soll, könnte im Eisgeschäft bald in sein Gegenteil umschlagen. Die Eismarke Ben & Jerry’s droht nach dem Rückzug von Gründer Jerry Greenfield im September nun auch noch ihres zweiten Gründers Ben Cohen verlustig zu gehen. Da darf es einem als Lutscher schon mal kalt den Rücken herunterlaufen.
Und warum? Unter der Knute von Unilever könne das Eis seine »soziale Mission nicht verwirklichen«, klagte Cohen am Donnerstag gegenüber SZ. Fragt sich, auf welcher Mission die beiden Gründer waren, als sie ihre Marke vor 25 Jahren an den Lebensmittelmonopolisten verkauft haben. Vereinbart wurde damals immerhin, dass sie als Markenbotschafter weiterhin für ihre Werte einstehen dürfen. Cohens Idee, ein palästinasolidarisches Eis zu vertreiben, will Unilevers Eissparte, die Magnum Ice Cream Company, allerdings nicht umsetzen. Welch kapitale Kälte!
Und jetzt? Haben die beiden die Aktion »Free Ben & Jerry’s« gestartet, die wiederherstellen soll, »was die Menschen seit der Gründung an dieser Marke lieben: ein Unternehmen, das für etwas steht«. Spätestens beim Begriff »Markenwert« wird der Zynismus dieses Unterfangens offenbar. Der Titel bei Solidaritätskampagnen für politische Gefangene geklaut. Die Kuh weiterhin unter unwürdigen Bedingungen eingepfercht. Palästina-Solidarität zum käuflichen Identitätsmarker umfunktioniert.
Bekannter noch als für die liebevoll und zuweilen politisch gestalteten Becher ist Ben & Jerry’s aber ohnehin für die Mondpreise derselben. Otto Normalverbraucher, der sich den Aufschlag für die humanistische Erhabenheit beim Schlemmen der Tiefkühlzuckerbomben im Regelfall eh nicht leisten kann, wird nüchtern resümieren: »Na und?« Damit ist die Sache treffender als üblich auf den Punkt gebracht.
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