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Aus: Ausgabe vom 27.10.2025, Seite 14 / Leserbriefe

Aus Leserbriefen an die Redaktion

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Lob der DR der DDR

Zu jW vom 22.10.: »Entgleist auf halber ­Strecke«

Der Zustand der De-facto-Staatsbahn ist das Spiegelbild der Gesamtsituation in der BRD. Dysfunktional, unterfinanziert, hochgradig unprofessionell, zukunftsfrei und damit ohne jede Perspektive. Historisch gesehen ist ein Eisenbahnsystem für den Güterverkehr entstanden, und dieser hat immer die wirtschaftliche Grundlage gelegt – ob bei Staats- oder Privatbahnen (mit ganz wenigen Ausnahmen). Und es gab immer technisch und ökonomisch versierte Fachleute in den Chefetagen und eine Struktur, die sich immer eng am Tagesbetrieb orientierte. Der Personenverkehr war bis in die 90er Jahre nie Hauptinhalt einer Bahngesellschaft. Der Güterverkehr sollte es wieder werden. Nebenbei: Die DR der DDR war im Güterverkehr profitabel – trotz hohen Aufwands – und konnte so den Personenverkehr günstig halten und umfangreiche Preisnachlässe für viele Nutzer anbieten. Und pünktlicher war sie auch noch bei erheblich dichterem Fahrplan und diversen technischen Schwierigkeiten. Es waren aber immer gut ausgebildete Eisenbahner da, wenn Probleme auftauchten (das war die Regel), und es gab Rückfallebenen. Die gibt es heute nicht mehr. Ebenso wenig wie eine starke Eisenbahnsektion (mit all ihren Teilbereichen) an einer Verkehrshochschule, die auch noch mit den anderen Bereichen korrespondierte.

André Möller, Berlin

Kein Konjunkturprogramm

Zu jW vom 22.10.: »Konjunkturpaket ­Aufrüstung«

Ein »Konjunkturpaket Aufrüstung« – kann das gutgehen? Wer Geschichte kennt, wird skeptisch. Schon in den 1930er Jahren wurde mit ähnlichen Argumenten geworben: Arbeitsplätze schaffen, Wirtschaft stärken, nationale Sicherheit festigen. Am Ende stand der Krieg. Wenn heute Ministerpräsidenten ein »Kampffähigkeitspaket« zugleich als Wirtschaftsförderung anpreisen, verkehrt sich die Logik des Friedens in ihr Gegenteil. Sicherheit wird zur Ware und Wohlstand soll aus Waffen entstehen. Doch jeder Euro, der in Panzer fließt, fehlt bei Bildung, Klima und sozialem Zusammenhalt – den eigentlichen Säulen dauerhafter Sicherheit. Auch moralisch ist dieser Kurs fragwürdig: Eine Gesellschaft, die in Waffen ein Mittel zur wirtschaftlichen Belebung sieht, hat den Kompass verloren. Wie im Theater gilt: Hängt im ersten Akt eine Waffe an der Wand, wird sie im dritten abgefeuert. Wollen wir wirklich unsere Wirtschaft an den nächsten Konflikt koppeln?

Istvan Hidy, Stuttgart

»Erinnert sich noch jemand?«

Zu jW vom 22.10.: »Konjunkturpaket ­Aufrüstung«

Reden wir über »Werte«! Welcher »Wert« wird denn mit der Produktion beispielsweise eines sündhaft teuren Panzers tatsächlich geschaffen? Best Case: Das unnütze Ding verrostet und veraltet im Depot und kostet selbst da noch laufend sehr viel zusätzliches Geld, das woanders dringend benötigt wird, dort jedoch weiterhin fehlt. Worst Case: siehe Gaza! – Wollen wir das? Lautete die Forderung vor noch gar nicht allzu langer Zeit doch: »Schwerter zu Pflugscharen!« Erinnert sich noch jemand?

Reinhard Hopp, Berlin

Umkämpftes Feld

Zu jW vom 20.10.: »Friedenspreis an Schlögel«

Ob Literatur, Sport, Kunst oder Kultur: Was davon wird nicht politisch benutzt und auf das Feld des ideologischen Krieges getragen? Wer bekommt also traditionsgemäß in diesem Jahr den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels? Ein Putin-Kritiker muss es schon sein. Ein sogenannter Osteuropa-Historiker, Karl Schlögel, erweist sich der Ehre würdig, indem er den russischen Angriffskrieg zu thematisieren weiß. Er weiß vor allem auch noch viel mehr. Putin und Russland wollten keinen Frieden, plärrt er in der geschichtsträchtigen Frankfurter Paulskirche in alle Welt. (…) Etwas bleibt immer hängen, wenn nur genug gelogen, geplärrt und geschrien wird. Was interessiert noch alles das, was einst an einer DDR lautstark verurteilt und angeklagt wurde; sie benutze Sport und alles für ihre politischen Zwecke. Kein Unterschied? Die politischen Zwecke der DDR waren auf jeden Fall und in jeder Hinsicht dem Frieden verpflichtet!

Roland Winkler, Aue

Kein Einzelfall

Zu jW vom 21.10.: »›Was da auf den Müll flog, machte mich fassungslos‹«

Dieses Interview regte mich wieder auf. Die Deutsche Hochschule für Körperkultur und Sport (DHfK), eine international geachtete wissenschaftliche Einrichtung, könnte jetzt ihr 75. Gründungsjubiläum feiern, wäre sie nicht verbrecherisch »abgewickelt« worden. Es macht mich zornig, zu lesen, dass in großen Containern Filmaufnahmen und wissenschaftliche Arbeiten entsorgt und auf den Müll geworfen wurden. Nur ein kleiner Teil des unersetzlichen Materials kam an die Sportwissenschaftliche Fakultät der Leipziger Universität. Welches Wissen, welche Erfahrungen gingen da verloren! Alle Bemühungen, die DHfK zu erhalten, schlugen fehl. Die zweitrangige Kölner Sporthochschule konnte jubeln. Das sind unsere »Wende«-Erfahrungen. Uns bleibt die große Aufgabe, kommenden Generationen von diesen unsäglichen Vorkommnissen zu berichten. Das kann nicht totgeschwiegen werden. Die Abwicklung der DHfK ist kein Einzelbeispiel. Die Begriffe »Abwicklung« oder »Entsorgung« verfolgen uns, die wir die DDR aufgebaut haben, noch im Traum. Darauf kann man kein einiges Deutschland aufbauen. Der Riss zwischen Ost und West wird tiefer werden, wenn sich daran nichts ändert. Es ist ein trauriges Deutschland, in dem wir leben.

Maria Michel, Berlin

Alle Bemühungen, die DHfK zu erhalten, schlugen fehl. Die zweitrangige Kölner Sporthochschule konnte jubeln. Das sind unsere »Wende«-Erfahrungen

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