China plant die Zukunft
Von Jörg Kronauer
In Beijing tagt seit Montag das Vierte Plenum des 20. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, um ein zentrales Dokument für die Politik des Landes in den kommenden Jahren zu diskutieren: den nächsten Fünfjahresplan. Er legt die Grundlinien für die ökonomische, die gesellschaftliche und die politische Entwicklung der Volksrepublik für die Jahre 2026 bis 2030 fest.
Er wird diesmal auf dem Vierten und nicht auf dem Fünften ZK-Plenum besprochen – wie es die Regeln der Partei eigentlich vorsehen –, da das vorherige Dritte Plenum des ZK deutlich verzögert abgehalten wurde, was den Zeitplan etwas verschoben hat. Personalentscheidungen, für die bislang eher das Vierte Plenum vorgesehen war, werden deshalb wohl gleichzeitig mit dem Fünfjahresplan verhandelt. Das Plenum, zu dem rund 200 ZK-Mitglieder und 170 Kandidaten in der chinesischen Hauptstadt eingetroffen sind, geht am Donnerstag zu Ende. Beschlossen wird die fertige politische Vorlage dann im März vom Nationalen Volkskongress.
Die Erstellung des neuen Zukunftsplanes erfolgt unter harten außenpolitischen Bedingungen, die das Dokument sicherlich prägen werden. Da wären vor allem die Bestrebungen der Vereinigten Staaten – und in gewissem Maße auch der EU –, Chinas ökonomische Entwicklung mit Sanktionen und mit Zöllen so stark wie möglich zu bremsen. Beijing hatte daraus schon im aktuellen Fünfjahresplan Konsequenzen gezogen und auf die Etablierung zweier Wirtschaftskreisläufe orientiert, einen inneren und einen äußeren. Während der äußere Exporte und Importe umfasst, geht es beim inneren darum, die Volksrepublik von Einfuhren, die mit Sanktionen und mit Embargos des Westens torpediert werden könnten, unabhängig zu machen. Vormalige Importprodukte sollen in Eigenregie hergestellt werden. Das funktioniert inzwischen recht gut, übrigens auch bei deutschen Unternehmen, die ihre chinesischen Standorte mittlerweile vom Import aus der BRD gelöst haben und in China so weit wie möglich auf chinesische Zulieferer setzen. Auch bei wichtigen Rohstoffen, wie den sogenannten seltenen Erden, kann die Volksrepublik ihr realwirtschaftliches Gewicht geopolitisch einsetzen.
Von Beobachtern wird erwartet, dass es im neuen Fünfjahresplan um zwei zentrale Probleme, mit denen China aktuell zu kämpfen hat. Das eine ist der schwache Inlandskonsum, der dazu führt, dass die chinesische Wirtschaft stark vom Export abhängig ist. Gelänge es, den Konsum zu steigern, ginge diese Abhängigkeit zurück, und zudem würde sich die Lebensqualität der Bevölkerung verbessern. Darüber hinaus wird vermutet, dass neue Maßnahmen im Kampf gegen die Überproduktion in mehreren Branchen vorgesehen sind. Diese führt für zahlreiche Unternehmen zu einem langfristig ruinösen Preiswettbewerb: Wer es etwa schafft, seine Elektroautos zu niedrigeren Preisen als die Konkurrenz loszuschlagen, ist beim Absatz im Vorteil, muss dabei aber unter Umständen herbe Verluste hinnehmen. Der chinesischen Wirtschaft droht im schlimmsten Fall eine Pleitewelle.
Allerdings scheinen sich wegen des starken und vermutlich noch weiter zunehmenden äußeren Drucks andere Prioritäten in den Vordergrund zu schieben. So hieß es etwa in einem Editorial der Nachrichtenagentur Xinhua, China werde in nächster Zeit mit »Härten und Hindernissen« und mit »einer neuen Serie an Risiken und Herausforderungen« konfrontiert sein. Es gelte daher, auf die Entwicklung modernster Technologie zu setzen, um in der globalen Wirtschaftskonkurrenz nicht ins Hintertreffen zu geraten.
Beijing unterstützt entsprechend bereits seit geraumer Zeit Forschung und Entwicklung etwa bei humanoiden Robotern, bei der Kernfusion oder beim nächsten Mobilfunkstandard 6G. Derlei Themen dürften im neuen Fünfjahresplan einen hohen Stellenwert haben. Dies um so mehr, als die Zeit drängt: Bis 2035 will Beijing Chinas sozialistische Modernisierung im wesentlichen erreicht haben. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass das gelingt.
Friedenspropaganda statt Kriegsspielzeug
Mit dem Winteraktionsabo bieten wir denen ein Einstiegsangebot, die genug haben von der Kriegspropaganda der Mainstreammedien und auf der Suche nach anderen Analysen und Hintergründen sind. Es eignet sich, um sich mit unserer marxistisch-orientierten Blattlinie vertraut zu machen und sich von der Qualität unserer journalistischen Arbeit zu überzeugen. Und mit einem Preis von 25 Euro ist es das ideale Präsent, um liebe Menschen im Umfeld mit 30 Tagen Friedenspropaganda zu beschenken.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Marian R. (23. Oktober 2025 um 15:45 Uhr)Zitat: »Gelänge es, den Konsum zu steigern […] und zudem würde sich die Lebensqualität der Bevölkerung verbessern.« Ein verschwenderischer »Sozialismus«, der immer in die BRD schielte, um sich mit deren sinnloser und umweltzerstörender Überproduktion zu messen – das gelang schon der DDR nicht und war auch damals falsch. Warum wiederholt China in Sachen Konsum und damit verbundener Umweltzerstörung mit aller Macht die Fehler der kapitalistischen Staaten? Als Vorbild für die Zukunft der Menschheit taugt es so ebenso wenig wie die USA, BRD & Co.!
-
Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (23. Oktober 2025 um 18:20 Uhr)Lieber Marian R., es täte gut, wenn Sie sich einmal vor Ort ansähen, was den normalen Chinesen noch alles fehlt, um in einem bescheidenen Wohlstand leben zu können. Sie würden dann gewiss auch das Bemühen der Chinesen besser einschätzen können, die Auswüchse, die das Wachstum in den entwickelten Ländern hat, einzuhegen und möglichst gering zu halten. Großes Staunen auf Ihrer Reise kann ich Ihnen garantieren, wie wenig wir hier in Deutschland von diesem riesigen Land wissen und verstehen.
-
-
Leserbrief von Günter Buhlke aus Berlin (23. Oktober 2025 um 12:42 Uhr)Mit den am 20. Oktober begonnenen Beratungen zum neuen Fünfjahresplan 2026–2030 wird China wirtschaftlich weiter gut unterwegs sein. Negativwirkungen aus absehbaren Sanktionskriegen sollen mit der Stärkung der chinesischen Inlandsproduktion (Importablöseng) begegnet werden. Schädliche Konsequenzen aus zeitweiliger Überproduktion (Wohnungs- und Bürobauten) oder dem internen Preiswettbewerb lassen sich mit der besseren Planung und Bilanzierung vermeiden. Die vorgesehene Weiterentwicklung der Technologie wird die Arbeitsproduktivität in Chinas Wirtschaft erhöhen. Das liegt voll im Trend der weltweiten Technorevolution. Im Gegensatz zur Koalitionsregierung unter Kanzler Merz und Finanzminister Klingbeil stehen in Beijing keine Konzepte zur Erhöhung der Kriegstüchtigkeit des Landes zur Beratung auf der Tagesordnung.
Regio:
Mehr aus: Kapital & Arbeit
-
Vertagtes Klimaschutzabkommen
vom 22.10.2025