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Aus: Ausgabe vom 22.10.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Entwicklung der Volksrepublik

China plant die Zukunft

Parteiplenum zur Ausarbeitung des neuen Fünfjahresplanes. Maßnahmen zur Konsumsteigerung und gegen Überproduktion erwartet
Von Jörg Kronauer
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Die Techindustrie wird wohl eine entscheidende Rolle im kommenden Plan für die Entwicklung des Landes spielen

In Beijing tagt seit Montag das Vierte Plenum des 20. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, um ein zentrales Dokument für die Politik des Landes in den kommenden Jahren zu diskutieren: den nächsten Fünfjahresplan. Er legt die Grundlinien für die ökonomische, die gesellschaftliche und die politische Entwicklung der Volksrepublik für die Jahre 2026 bis 2030 fest.

Er wird diesmal auf dem Vierten und nicht auf dem Fünften ZK-Plenum besprochen – wie es die Regeln der Partei eigentlich vorsehen –, da das vorherige Dritte Plenum des ZK deutlich verzögert abgehalten wurde, was den Zeitplan etwas verschoben hat. Personalentscheidungen, für die bislang eher das Vierte Plenum vorgesehen war, werden deshalb wohl gleichzeitig mit dem Fünfjahresplan verhandelt. Das Plenum, zu dem rund 200 ZK-Mitglieder und 170 Kandidaten in der chinesischen Hauptstadt eingetroffen sind, geht am Donnerstag zu Ende. Beschlossen wird die fertige politische Vorlage dann im März vom Nationalen Volkskongress.

Die Erstellung des neuen Zukunftsplanes erfolgt unter harten außenpolitischen Bedingungen, die das Dokument sicherlich prägen werden. Da wären vor allem die Bestrebungen der Vereinigten Staaten – und in gewissem Maße auch der EU –, Chinas ökonomische Entwicklung mit Sanktionen und mit Zöllen so stark wie möglich zu bremsen. Beijing hatte daraus schon im aktuellen Fünfjahresplan Konsequenzen gezogen und auf die Etablierung zweier Wirtschaftskreisläufe orientiert, einen inneren und einen äußeren. Während der äußere Exporte und Importe umfasst, geht es beim inneren darum, die Volksrepublik von Einfuhren, die mit Sanktionen und mit Embargos des Westens torpediert werden könnten, unabhängig zu machen. Vormalige Importprodukte sollen in Eigenregie hergestellt werden. Das funktioniert inzwischen recht gut, übrigens auch bei deutschen Unternehmen, die ihre chinesischen Standorte mittlerweile vom Import aus der BRD gelöst haben und in China so weit wie möglich auf chinesische Zulieferer setzen. Auch bei wichtigen Rohstoffen, wie den sogenannten seltenen Erden, kann die Volksrepublik ihr realwirtschaftliches Gewicht geopolitisch einsetzen.

Von Beobachtern wird erwartet, dass es im neuen Fünfjahresplan um zwei zentrale Probleme, mit denen China aktuell zu kämpfen hat. Das eine ist der schwache Inlandskonsum, der dazu führt, dass die chinesische Wirtschaft stark vom Export abhängig ist. Gelänge es, den Konsum zu steigern, ginge diese Abhängigkeit zurück, und zudem würde sich die Lebensqualität der Bevölkerung verbessern. Darüber hinaus wird vermutet, dass neue Maßnahmen im Kampf gegen die Überproduktion in mehreren Branchen vorgesehen sind. Diese führt für zahlreiche Unternehmen zu einem langfristig ruinösen Preiswettbewerb: Wer es etwa schafft, seine Elektroautos zu niedrigeren Preisen als die Konkurrenz loszuschlagen, ist beim Absatz im Vorteil, muss dabei aber unter Umständen herbe Verluste hinnehmen. Der chinesischen Wirtschaft droht im schlimmsten Fall eine Pleitewelle.

Allerdings scheinen sich wegen des starken und vermutlich noch weiter zunehmenden äußeren Drucks andere Prioritäten in den Vordergrund zu schieben. So hieß es etwa in einem Editorial der Nachrichtenagentur Xinhua, China werde in nächster Zeit mit »Härten und Hindernissen« und mit »einer neuen Serie an Risiken und Herausforderungen« konfrontiert sein. Es gelte daher, auf die Entwicklung modernster Technologie zu setzen, um in der globalen Wirtschaftskonkurrenz nicht ins Hintertreffen zu geraten.

Beijing unterstützt entsprechend bereits seit geraumer Zeit Forschung und Entwicklung etwa bei humanoiden Robotern, bei der Kernfusion oder beim nächsten Mobilfunkstandard 6G. Derlei Themen dürften im neuen Fünfjahresplan einen hohen Stellenwert haben. Dies um so mehr, als die Zeit drängt: Bis 2035 will Beijing Chinas sozialistische Modernisierung im wesentlichen erreicht haben. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass das gelingt.

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