Gebühren für »US-affine« Schiffe
Von Burkhard Ilschner
Das Echo kam nicht überraschend. Nach den kruden Drohungen, die US-Präsident Donald Trump gleich nach Amtsantritt gegen die globale Handelsschiffahrt ausgestoßen hatte, die sich aber formal gegen die VR China richteten, folgte jetzt die Antwort aus Beijing: Seit Dienstag kassiert China Sonderhafengebühren für alle ausländischen Schiffe, die irgendwie mit US-Strukturen verbandelt sind.
Die Trump-Administration hatte zu Jahresbeginn angekündigt, nicht nur alle China gehörenden oder chinesische Flagge führenden Schiffe bei Anlaufen von US-Häfen abkassieren zu wollen, sondern auch alle in China gebauten Schiffe, egal unter welcher Flagge oder von welchem Eigentümer. Das sollte zwar angeblich den darniederliegenden US-Schiffbau stärken – aber der spielt skurrilerweise im internationalen Seehandel so gut wie keine Rolle, während China aktuell deutlich mehr als 50 Prozent aller Schiffsneubauten weltweit abliefert.
Nun also die Reaktion Chinas: Die Sondergebühren haben nicht nur Schiffe zu zahlen, die US-Eignern gehören, US-Flagge führen oder von US-Reedern betrieben werden – das wäre angesichts der Schwäche der US-Handelsschifffahrt im globalen Geschäft kaum erwähnenswert. Es sind aber auch alle Schiffe betroffen, in denen US-Kapital steckt – egal, ob eine Reederei auch US-Anteilseigner (25 Prozent oder mehr) hat oder ob ein Schiff ganz oder teilweise mit US-Kapital gebaut worden ist oder betrieben wird.
Letzteres ist interessant: Einerseits könnten ja bei in China gebauten Schiffen der ausführenden Werft Details der jeweiligen Finanzierungsstruktur bekannt sein. Andererseits haben große Reedereien in der Vergangenheit US-Konkurrenz aufgekauft, so dass US-Kapital noch nennenswert in ihren Büchern stehen könnte: Der Weltmarktvize Mærsk aus Dänemark zum Beispiel hat seinerzeit den US-Konzern Sea-Land des Containerpioniers Malcolm McLean übernommen; der Weltmarktdritte, CMA CGM aus Frankreich, erwarb schon vor längerem die American President Line (APL) aus Arlington (Virginia).
Chinas Regeln sind einfach und klar: Läuft ein Schiff, das irgendwie »US-affin« ist, auf einer Reise mehrere Häfen im Lande an, so zahlt es die Sondergebühr nur einmal. Läuft es China mehrere Male im Jahr an, muss es höchstens fünfmal zahlen. Beijing erklärte, da Washington die besagten US-Strafgebühren für mit China verbundene Schiffe ab 14. Oktober in Kraft gesetzt habe, würden die eigenen Sondergebühren zur gleichen Zeit erhoben. Der dänische Shipping Telegraph berichtet, ein betroffenes Schiff müsse in China 400 RMB (umgerechnet 48,14 Euro) pro Nettotonne zahlen; dieser Satz erhöhe sich in jedem April der Folgejahre über 640 RMB (77,02 Euro) in 2026 und 880 RMB (105,91 Euro) in 2027 auf 1.120 RMB (134,79 Euro) ab dem 17. April 2028. »Nettotonne« misst nur den Nutzfrachtraum eines Schiffes ohne Besatzungs-, Maschinen- oder Vorratsräume, Tanks und Kommandobrücke.
Schon vor Dienstag zeichneten sich die Folgen dieses Gebührenkriegs ab. Das Handelsblatt berichtete am 9. Oktober, die Containerreedereien hätten wegen Trumps Zollpolitik Verkehre vor allem zwischen China und den USA eingeschränkt – so viele wie zuletzt während der Coronapandemie. Die US-Importe aus China seien seit fünf Monaten rückläufig, die Exporte nach China seit neun. Zugleich sinken die Frachtraten laut der Investmentbank Jefferies erstmals seit Ende 2023 wieder unter die Gewinnschwelle. Der Drewry World Container Index bestätigt das: Am 9. Oktober habe ein 40-Fuß-Container im Schnitt 1.651 US-Dollar gekostet, drei Monate zuvor (10. Juli) waren es 2.672 US-Dollar – und zu Jahresbeginn (2. Januar) noch 3.905 US-Dollar. Reedereien wie Hapag-Lloyd hatten zugesichert, wegen der US-Hafengebühren keine Preise anheben zu wollen – jetzt werde man die Folgen auch der chinesischen Gebühren prüfen. Der US-Finanzdienstleister Goldman Sachs hat schon mal analysiert, wen Trumps Zölle treffen: 55 Prozent der entstehenden Mehrkosten hätten US-Verbraucher zu zahlen, 22 Prozent US-Unternehmen.
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