EU-Verhandlungen zur Chatkontrolle abgebrochen. BRD stimmte dagegen

Brüssel. Die EU-Staaten haben erneut keine Einigung auf eine Chatkontrolle für sämtliche digitale Kommunikation auf allen Endgeräten in der EU erzielt. Ein vorliegender Kompromissvorschlag der dänischen EU-Ratspräsidentschaft fand am Mittwoch abend nicht die ausreichende Unterstützung, wie es laut dpa aus Diplomatenkreisen hieß. Das Vorhaben wird demnach auch nicht wie vorgesehen beim nächsten EU-Innenministertreffen zur Abstimmung gestellt.
Die Botschafter der EU-Länder waren am Abend zusammengekommen, um über einen drei Jahre alten Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zu beraten, der als Vorwand der Chatkontrolle dem staatlichen Kampf gegen dokumentierte sexualisierte Gewalt an Minderjährigen gewidmet wurde. Dem Vorhaben nach sollen Dienste wie Whatsapp, Signal und andere Nachrichten bei Messengern auf strafbare Inhalte durchsuchen. Der diskutierte Vorschlag sieht dabei vor zwar keine Textnachrichten, aber dafür sämtliche Bilder, Videos und Hyperlinks auf Internetseiten vor dem Versenden automatisch durch Software zu prüfen.
Als Grund für das Scheitern gilt auch die deutsche Position. Die Bundesregierung hätte dem vorliegenden Vorschlag bei einer Abstimmung nicht zugestimmt. »Anlasslose Chatkontrolle muss in einem Rechtsstaat tabu sein«, sagte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) in einer Mitteilung vom Mittwoch morgen. Im Rat der Mitgliedstaaten ist für eine Annahme der Verordnung letztendlich die Zustimmung von 15 der 27 EU-Staaten notwendig, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.
Das Vorhaben zur nie dagewesenen Massenüberwachung ist damit aber nicht zwingend vom Tisch. Dänemark oder die nächsten EU-Ratspräsidentschaften könnten einen überarbeiteten Vorschlag erneut zur Diskussion stellen. (dpa/jW)
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