Kontroverse um Abkommen
Von Knut Mellenthin
Iran ratifizierte den Atomwaffensperrvertrag (Non-Proliferation Treaty, kurz NPT) bereits im Februar 1970. Das war mehr als fünf Jahre früher als die BRD, die sich noch lange mit allen denkbaren Tricks abstrampelte, um sich eine Hintertür zur Mitverfügung über Nuklearwaffen offenzuhalten. Iran hatte von seinem Schritt nur Nachteile, von denen Israel, Indien und Pakistan verschont blieben, die den Vertrag gar nicht erst unterzeichneten, das kann mit vernünftigen Argumenten nicht bestritten werden. Austrittsforderungen kommen daher in Teilen des politischen Spektrums der Islamischen Republik immer wieder auf.
Nach den Aggressionen Israels und der USA in diesem Juni, bei denen zwölf Tage lang militärische Einrichtungen, Atomanlagen, Produktionsstätten von Raketen, Raketentechnologie und Zentrifugen ebenso wie zivile Gebäude bombardiert wurden, kursierten im iranischen Parlament bis zu 15 verschiedene Pläne für den Rückzug aus dem 1968 von den Atommächten USA, Sowjetunion und Großbritannien initiierten Abkommen. Am Montag gab der Sprecher des Ausschusses für Nationale Sicherheit und Außenpolitik, Ebrahim Rezaei, bekannt, dass man sich auf einen gemeinsamen Entwurf geeinigt habe, der aber noch nicht auf der Tagesordnung des Parlaments stehe.
In einem Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur Tasnim führte Rezaei aus, dass die Austrittspläne eine Reaktion auf die Inanspruchnahme des »Snapback-Mechanismus« durch die sogenannten E3 – Frankreich, Deutschland und Vereinigtes Königreich – seien. Dem Vorschlag des Ausschusses zufolge »wäre die iranische Regierung, wenn der Snapback-Mechanismus aktiviert wird, gefordert, das Board of Governors der IAEA förmlich von ihrem Rückzug aus dem NPT zu informieren«, heißt es bei Tasnim. Die E3 hatten den Mechanismus Ende August aktiviert, um – wie es heißt – Iran bei Nichteinhaltung seiner Verpflichtungen im Atomabkommen von 2015 wieder mit den vorherigen Sanktionen belegen zu können. Am Sonntag waren diese wieder in Kraft getreten. Iran betrachtet aber das Abkommen als hinfällig, schließlich waren die USA 2018 einseitig aus dem Vertrag ausgetreten.
Rezaei widersprach in dem Interview zudem der Aussage von Präsident Massud Peseschkian, Iran habe »keine Absicht, den NPT zu verlassen«, und betonte die Unabhängigkeit des Parlaments. Der Präsident hatte am 26. September gegenüber dem Magazin Newsweek gesagt: »Es gibt bestimmte Gruppen, Bewegungen oder Individuen, die uns dazu bringen wollen, über alle Beziehungen und Abmachungen wegzutrampeln, aber das ist nicht das, was wir tun wollen.«
Tageszeitung junge Welt am Kiosk
Die besondere Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Dieser Artikel gehört zu folgenden Dossiers:
Ähnliche:
Majid Asgaripour/WANA (West Asia News Agency) via REUTERS30.06.2025»Weder Iran noch Israel sollten Atommacht sein«
Hendrik Schmidt/dpa23.06.2025Linke-Kovorsitzender Jan van Aken fordert Fortsetzung von Atomgesprächen mit Iran
imago images/Xinhua26.05.2021Eine Kuh vom Eis
Mehr aus: Ausland
-
Anhaltende Wut
vom 04.10.2025 -
Putin warnt Merz
vom 04.10.2025 -
Das Mantra der Zweistaatenlösung
vom 04.10.2025 -
Mandat für US-Imperialismus
vom 04.10.2025 -
Ladakh fordert Autonomie
vom 04.10.2025