Dänemark entschuldigt sich bei Grönländerinnen
Nuuk. Es dürfte eine Entschuldigung mit Kalkül sein. Am Mittwoch hat sich Dänemark offiziell bei zahlreichen Grönländerinnen für das unrechtmäßige Einsetzen von Spiralen zur Schwangerschaftsverhütung entschuldigt. Auf einer Zeremonie im Zentrum der grönländischen Hauptstadt Nuuk bat Ministerpräsidentin Mette Frederiksen die Betroffenen im Namen des dänischen Staates am Mittwoch um Verzeihung.
Tausenden grönländischen Frauen und Mädchen waren vor allem in den 1960er und 70er Jahren von dänischen Ärzten Spiralen eingesetzt worden, ohne dass sie dafür ihr Einverständnis gegeben hatten. Einer Untersuchung der dänischen Regierung zufolge erhielten mindestens 4.070 Mädchen und Frauen bis Ende 1970 solche Spiralen. Manche von ihnen waren laut dem dänischen Institut für Menschenrechte zum Zeitpunkt des Eingriffs erst zwölf Jahre alt. Mit der Zwangsverhütung wollten die dänischen Behörden wohl das Bevölkerungswachstum in Grönland begrenzen.
Auch der grönländische Regierungschef Jens-Frederik Nielsen entschuldigte sich auf der Zeremonie für alle Fälle, in denen Frauen seit der grönländischen Übernahme des Gesundheitswesens Spiralen eingesetzt oder andere Eingriffe ohne deren Einverständnis vorgenommen worden waren. Bereits Ende August hatten er und Frederiksen sich schriftlich in einer Erklärung bei den Betroffenen entschuldigt. Jahrzehntelang war das Thema ein Tabu; erst 2019 hatten die ersten Frauen das erlittene Verbrechen öffentlich gemacht. Im vergangenen Jahr verklagten 143 betroffene Grönländerinnen den dänischen Staat wegen der Verletzung ihrer Menschenrechte. Sie fordern jeweils eine Entschädigung in Höhe von 300.000 Dänischen Kronen (etwa 40.000 Euro). Frederiksen hatte vor ihrer Reise nach Nuuk angekündigt, einen Versöhnungsfonds einrichten zu wollen, der den betroffenen Grönländerinnen sowie weiteren wegen ihrer Herkunft falsch behandelten Menschen auf der Insel finanzielle Wiedergutmachung ermöglichen soll.
Dass die Entschuldigung und die Ankündigung von Entschädigungen nun erfolgen, ist kein Zufall. Die USA unter Präsident Donald Trump wollen sich die Insel einverleiben und setzen dabei auch auf den Unmut über koloniale Verbrechen des dänischen Staates. (dpa/jW)
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