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Aus: Ausgabe vom 26.09.2025, Seite 15 / Feminismus
Frauengesundheit

Taten statt Floskeln

Endometriosetag 2025: Erforschung im Koalitionsvertrag fixiert, doch konkrete Maßnahmen lassen auf sich warten. Betroffene weiter oft allein mit Krankheit
Von Claudia Wrobel
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Im Hintergrund wird debattiert – ohne Ergebnis –, davor protestiert (Berlin, 29.9.2023)

Mehr als sieben Jahre vergehen im Durchschnitt, bis eine Frau die Diagnose Endometriose in Händen halten kann. Sie hat dann meist einen Ärztemarathon hinter sich und jahrelang unter Symptomen gelitten, die extrem einschneidend sind: starke Schmerzen bis zur Übelkeit und Ohnmacht, nicht nur während, aber besonders im Zusammenhang mit der Periode, sehr starke und unregelmäßige Regelblutungen, Verdauungsprobleme, Kopfschmerzen, Erschöpfung und weitere systemische Einschränkungen, oftmals einhergehend mit Problemen bei der Fruchtbarkeit. Endometriose ist die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung, mehr als jede zehnte Frau ist betroffen. Doch noch immer ist die Erkrankung zuwenig erforscht – wie viele Erkrankungen, die nur oder vor allem Frauen betreffen. Am 29. September 1996 fanden sich Betroffene hierzulande erstmals zusammen und gründeten die Endometriosevereinigung Deutschland e. V. Seither wird an diesem Datum Aufmerksamkeit für die Problematik und politisches Handeln eingefordert.

Bei Endometriose kommt Gebärmutterschleimhaut außerhalb des Geschlechtsorgans vor, meist im Bauchraum, aber auch darüber hinaus. Dort reagiert sie auf die Hormonschwankungen des Monatszyklus, was immer wiederkehrende, lokale Entzündungen an den betroffenen Körperstellen verursacht. Diese Entzündungen irritieren die Nerven in dem Bereich, was zu Schmerzen führt. Diese sind meist während der Periode am stärksten, können aber auch chronisch werden. Die Gründe und Ursachen einer Endometriose sind unbekannt. Obwohl familiäre Häufungen auftreten, konnte noch kein explizites Endometriosegen ausgemacht werden. Auch Umwelteinflüsse scheinen eine Rolle zu spielen.

Die Bundesregierung hat der Erforschung dieser Erkrankung einen prominenten Platz eingeräumt: Endometriose findet sogar im Koalitionsvertrag vom April explizit Erwähnung. Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) hat in einem Interview, das am vergangenen Wochenende in der Rheinischen Post erschienen ist, angekündigt, dass Frauengesundheit im kommenden Jahr eine herausgehobene Rolle in ihrem Ressort spiele und dabei ein Schwerpunkt auf der Forschung zu Endometriose liegen solle. Für den ganzen Bereich sollen die Mittel im Haushalt 2026, der in dieser Woche im Bundestag erstmals beraten wird, um fünf Millionen Euro auf 8,5 Millionen Euro erhöht werden.

Diese Ankündigungen lassen Betroffene hoffen. Insbesondere die Aufstockung der Forschungsmittel ist eine Forderung, die sie bereits lange aufstellen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass noch vor zwei Wochen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) in der Regierungsbefragung im Bundestag auf eine explizite Nachfrage zur Entlastung betroffener Frauen der Linken-Abgeordneten Julia Stange mit der Floskel reagierte, dass man »Krankheiten wie die Endometriose, aber auch die Menopause viel mehr aus der Tabuzone herausholen und darüber sprechen« müsse. Das klingt wenig konkret und eben nicht nach der gemeinsamen Strategie der verschiedenen Ressorts, die es braucht. Und auch beim Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt lässt sich trotz der vollmundigen Ankündigung der Ministerin im Interview kein einziger Eintrag zu Endometriose auf der Website finden, der aus der Zeit der amtierenden Bundesregierung stammt.

Dabei hat Endometriose ebenso wie chronische Krankheiten allgemein schwerwiegende Auswirkungen auch auf den Arbeitsalltag und die Produktivität von Beschäftigten. Eine von der Vereinigung 2022 durchgeführte Umfrage unter 2.500 Betroffenen ergab, dass mehr als 40 Prozent aufgrund ihrer Symptome stark oder sehr stark in ihrem Arbeitsalltag, ihrer Leistungsfähigkeit und beim Ausführen berufsbezogener Tätigkeiten beeinträchtigt waren. Auch finanziell sorgte die Erkrankung bei fast der Hälfte der befragten Personen für Unsicherheiten, knapp drei Viertel erklärten, dass sie in den vergangenen sechs Monaten aufgrund ihrer Endometriose krankgeschrieben waren. Dabei hat sich auch gezeigt, dass eine flexiblere Gestaltung der Arbeit, etwa durch Homeoffice oder Gleitzeit, »die Beschwerden in einem gewissen Maß verringert« oder sie auf diese Weise sogar ganz »vermieden werden können«.

endometriose-vereinigung.de

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