Trump tanzt mit Taiwan
Von Jörg Kronauer
Lässt Donald Trump Taiwan fallen? Vergangene Woche berichtete die Washington Post, der US-Präsident weigere sich, eigentlich fest eingeplante Militärhilfe im Wert von mehr als 400 Millionen US-Dollar für die Streitkräfte der Insel zu leisten. Um Hightechgerät gehe es, etwa um autonome Drohnen, zudem um Munition, berichtete die US-Zeitung und legte nahe, Trumps Weigerung könne damit zu tun haben, dass seine Administration auf einen Zolldeal mit China hinarbeite und es sich deshalb nicht mit Beijing verscherzen wolle. Militärhilfe für Taiwan gehört seit jeher zum Grundbestand der US-amerikanischen Ostasienpolitik. Präsident Joe Biden hatte den Streitkräften der Insel Unterstützungsleistungen im Wert von gut zwei Milliarden US-Dollar gewährt. Die Washington Post bemerkte angesäuert, es kümmere Trump überhaupt nicht, den traditionellen Verbündeten im Regen stehenzulassen, wenn der eigene Vorteil es verlange.
Ist da was dran? Ja und nein. Ja, denn die Regierung in Taipeh ist in jüngster Zeit ohnehin zu der Einschätzung gelangt, man tue besser daran, sich nicht auf Trump zu verlassen. Anlass dafür war nicht nur die allgemeine Politik der Willkür, wie sie der US-Präsident betreibt und damit seine Unzuverlässigkeit immer wieder zur Schau stellt, sondern auch konkret seine Mitte August getätigte Äußerung, sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping habe ihm bestätigt, keine Invasion Taiwans zu planen, und er, Trump, vertraue ihm. Nun mag man aus gutem Grund bezweifeln, dass Beijing Truppen auf die Insel schicken will. Taipeh aber kann aus seiner Perspektive auf warme Worte natürlich nicht vertrauen. Und so erklärte ein Sprecher des taiwanischen Außenministeriums am 19. August, das Land müsse »seine Sicherheit« zukünftig »durch seine eigenen Bemühungen erreichen«. Dass Washington nun Militärhilfe im Wert von gut 400 Millionen US-Dollar blockiert, bestätigt diese Annahme.
Nein, denn andererseits sind die Vereinigten Staaten dabei, Taiwan auch weiterhin in beträchtlicher Weise aufzurüsten. Im August etwa einigten sich Repräsentanten beider Staaten bei einem Treffen in Anchorage im US-Bundesstaat Alaska auf ein US-Rüstungspaket für die taiwanischen Streitkräfte, das große Mengen an Kriegsgerät umfassen soll. Dabei geht es fast ausschließlich um Waffen und anderes Material, das für die sogenannte asymmetrische Kriegführung geeignet ist – etwa um Drohnen, Raketen und Sensoren, mit denen man Großwaffen klar überlegener Streitkräfte aufspüren und mit kleinen Einheiten fast guerillaartig bekämpfen kann. Der Wert des Pakets wurde auf einen Milliardenbetrag geschätzt. Anders als die übliche US-Militärhilfe muss Taipeh das Kriegsgerät allerdings selbst bezahlen.
Das ist der Grund, weshalb Trump seit seinem Amtsantritt darauf dringt, dass auch Taiwan seine Militärausgaben drastisch erhöht. Gefordert hat er einen taiwanischen Wehrhaushalt in Höhe von zehn Prozent der Wirtschaftsleistung; das wären nach aktuellem Stand rund 78,2 Milliarden US-Dollar bei einem Gesamthaushalt von zuletzt 97,4 Milliarden US-Dollar. Die Regierung in Taipeh plant nun mit 3,3 Prozent für 2026 und mit fünf Prozent für 2030. Das genügt allerdings wohl immer noch nicht, um alle gewünschten Rüstungskäufe zu tätigen. Deshalb plant das Verteidigungsministerium in Taipeh aktuell ergänzend einen »Spezialetat«, der bis zu 33 Milliarden US-Dollar umfassen soll: Das deutsche »Sondervermögen« macht Schule. Von den Rüstungsgeldern würden zwei Drittel an auswärtige Rüstungsunternehmen fließen, schätzte kürzlich Rupert Hammond-Chambers, der Präsident des US–Taiwan Business Council – »das meiste davon an die USA«.
Allerdings könnte der US-Anteil in Zukunft schrumpfen. Auf der Rüstungsmesse Taipei Aerospace and Defence Technology Exhibition waren in der vergangenen Woche erheblich mehr europäische Unternehmen präsent als zuvor. Airbus bewarb Aufklärungsdrohnen, und zum ersten Mal war auch das Deutsche Wirtschaftsbüro Taipei mit einem eigenen Stand zugegen. Taiwan könnte durchaus ein Interesse entwickeln, auch beim Kauf von Kriegsgerät in Zukunft nicht mehr nur von den USA abhängig zu sein. Europas Rüstungsindustrie könnte davon profitieren.
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