DPD sieht Prekarisierungspotential
Von Gudrun Giese
Mit einer Demonstration vor Schichtbeginn protestierten am Montag Beschäftigte des Paketdienstleisters DPD in Hamburg-Wilhelmsburg gegen die Auslagerung von fünfzig Stammarbeitsplätzen an einen externen Dienstleister.
Zur Kundgebung hatte die Gewerkschaft Verdi aufgerufen, die damit laut Pressemitteilung »den Beschäftigten selbst in dem vom Arbeitgeber angestoßenen Prozess eine Stimme geben« wollte. Der bundesweit agierende Paketdienstleister plant, den größten Teil der Arbeiten, die in der Spätschicht anfallen, per Werkvertrag an ein Drittunternehmen zu vergeben. Die fünfzig fest bei diesem DPD-Standort Beschäftigten, die derzeit in der Spätschicht arbeiten, sollen dauerhaft in die Nachtschicht versetzt werden. Damit würden sie einem hohen Risiko für ihre Gesundheit ausgesetzt, erklärte Nicolai Franke, Gewerkschaftssekretär im Hamburger Verdi-Fachbereich Postdienste, Speditionen und Logistik. »Die soziale, persönliche und gesundheitliche Belastung der Arbeiterinnen und Arbeiter würde durch die massive Nachtarbeit massiv ansteigen.« Die Auslagerung von Arbeitsplätzen bedeute aber nicht nur Nachteile für die Beschäftigten des Wilhelmsburger DPD-Depots, so Franke, sondern bringe auch für Kunden des Paketdienstes Nachteile durch mögliche Qualitätseinbußen. Vor allem aber würden tarifgebundene Arbeitsplätze durch die Fremdvergabe verloren gehen, da externe Dienstleister Jobs zumeist nur auf Mindestlohnbasis und zu schlechteren Arbeitsbedingungen vergäben.
Die Wilhelmsburger DPD-Beschäftigten werden nach dem Lohntarifvertrag des Verkehrsgewerbes Hamburg bezahlt, sind gewerkschaftlich organisiert und haben einen Betriebsrat. Genau das könne auch maßgeblich das geplante Outsourcing begründen, meint Kay Jäger, gewerkschaftspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke in der Hamburger Bürgerschaft. DPD wolle mit der Vergabe der Spätschicht an eine Fremdfirma »Druck auf die Stammbelegschaft aufbauen«. Das sei ein direkter Angriff auf die durch Tarifverträge gesicherten Arbeits- und Sozialstandards. Von der Verlagerung ihrer Arbeit in die Nachtschicht seien vor allem langjährige Beschäftigte betroffen, die ihr Leben auf ihre bisherigen Schichtdienste ausgerichtet hätten. Sie in die Nachtarbeit zu drängen, sei »sozial unverantwortlich, gesundheitlich bedenklich und ein Schlag ins Gesicht aller, die hier jeden Tag hart arbeiten«. Inzwischen sei in der gesamten Branche eine Tendenz zu Tarifflucht und Prekarisierung der Arbeitsbedingungen zu beobachten. Gerade »deshalb brauchen wir auf Hamburger Ebene dringend wirksame Maßnahmen zur Stärkung der Tarifbindung, mehr Kontrollen und ein härteres Vorgehen gegen Union Busting«, so Jäger.
DPD baut schon seit längerer Zeit bundesweit Beschäftigung ab, weil das Paketvolumen nach dem Ende der Coronapandemie wieder gesunken ist. Verdi meldete bereits Ende Januar 2024, dass das Unternehmen bis Ende 2025 das Programm »Reorganisation FIT« umsetze, bei dem insgesamt 1.210 Vollzeitstellen wegfallen sollen, was ungefähr jeder siebte Arbeitsplatz sei, wie Patrick Gerson, für die DPD-Beschäftigten zuständiger Verdi-Sekretär, mitteilte. Immerhin hatten sich der Gesamtbetriebsrat und das Unternehmen Ende 2023 auf einen Interessenausgleich und Sozialplan verständigt, so dass der Jobabbau etwas abgefedert wurde. Wie es in Hamburg-Wilhelmsburg weitergeht, ist noch offen. Die Aktion am Montag fand vor Schichtbeginn statt, wie der NDR meldete, so dass die Paketauslieferung nicht betroffen war. Ein Streik sei aber durchaus denkbar, hieß es von Verdi. Anfang September stehen Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag an.
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