Übernahme rückt näher
Von David Siegmund-Schultze
Der Druck auf das Management der Commerzbank steigt: Die italienische Großbank Unicredit stockt ihren Aktienanteil bei der zweitgrößten BRD-Bank auf 26 Prozent auf, wie sie am Montag mitteilte. Außerdem kündigte die Mailänder Bank an, »zu gegebener Zeit« weitere Derivate in Aktien umzuwandeln, um ihren Anteil auf 29 Prozent zu erhöhen. Man strebe zwar »aktuell« noch keinen Sitz im Aufsichtsrat der Commerzbank an, behalte sich das aber offenbar für die Zukunft vor. Sobald Unicredit die Schwelle von 30 Prozent überschreitet, wäre sie verpflichtet, den Aktionären der Frankfurter Bank ein Kaufangebot zu machen.
Eine Übernahme will die Commerzbank-Führung jedoch verhindern. Chefin Bettina Orlopp sprach bereits Anfang August von einem drohenden Interessenkonflikt. Denn: Die deutsche Hypovereinsbank ist ein wichtiger Konkurrent der Commerzbank und zugleich eine Unicredit-Tochter. Auch die Bundesregierung steht einer Übernahme kritisch gegenüber: »Unsere Position hat sich nicht geändert. Wir lehnen das unabgestimmte und unfreundliche Vorgehen der Unicredit ab. Der Bund unterstützt die Strategie der Eigenständigkeit der Commerzbank«, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums am Montag.
Im September vergangenen Jahres veranlasste die Ampelregierung einen Teilverkauf ihrer Commerzbank-Aktien, was den Startschuss für die Übernahmeaktivitäten der Unicredit bedeutete – sie sicherte sich 4,5 Prozent der Anteile. Nun besitzt der Bund noch etwa zwölf Prozent der Aktien des Geldhauses. Unicredit müsste sich vor einer Übernahme also auch mit der BRD als zweitgrößtem Aktionär verständigen. Am Montag bekräftigte die Sprecherin des Finanzministeriums jedoch, dass man seine Beteiligung nicht veräußern wolle.
Sowohl der Betriebsrat als auch die zuständige Gewerkschaft Verdi stellen sich ebenfalls gegen eine mögliche Übernahme. Er befürchte den Verlust Tausender Arbeitsplätze und die Schließung von Filialen, so der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke in einem offenen Brief an Unicredit-Chef Andrea Orcel Anfang Juli. Ganz auf Linie der Konzernführung sagte der Betriebsratsvorsitzende Sascha Uebel gegenüber der dpa Ende Februar: »Wir machen den Weg, den Orcel im Kampf mit uns gehen muss, maximal matschig und tief.« Vor allem einen weiteren Stellenabbau wolle man verhindern. Doch um seine Eigenständigkeit zu sichern, will die Commerzbank-Führung ohnehin Tausende Beschäftigte entlassen und die Aktionäre mit steigenden Dividenden beglücken – denn letztlich sind es die Anteilseigner, die über ein Übernahmeangebot der italienischen Bank entscheiden.
Kein Gegenwind für eine Übernahme ist hingegen von der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank und dem Bundeskartellamt zu erwarten. Bereits im April erklärte letztere – auf Prüfanfrage Orcels –, dass sie einen Anteilserwerb von bis zu 29,9 Prozent freigeben würde. Und auch wenn es zu einer »Folgeentscheidung« käme, also einer Übernahme, »sehe ich nicht, dass wir das anders sehen würden«, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt Anfang Juli.
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