Gegründet 1947 Sa. / So., 11. / 12. Oktober 2025, Nr. 236
Die junge Welt wird von 3036 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 26.08.2025, Seite 8 / Ansichten

Gefragter Mann des Tages: Robert Habeck

Von Nico Popp
8 port.jpg
Bis bald: Robert Habeck auf dem Weg »ins Offene« (Berlin, 7.5.2025)

Es ist keine einfache Sache für einen Politiker, in einem Land, in dem doch die allermeisten Leute zumindest ahnen, dass sie von »der Politik« über den Löffel balbiert werden (um daraus dann meistens keine oder die falschen Schlüsse zu ziehen), einen Personenkult zu etablieren. Robert Habeck ist das gelungen: Nach der Wahlniederlage der Grünen unterschrieben im Februar Hunderttausende eine Petition mit der Forderung, dass er »bleibt«. Natürlich hat Habeck diesen Grad der Anbetung nicht allein herbeigeführt: Helfer fanden sich in vielen Redaktionen. Unvergessen etwa, wie es zur Staatskrise hochgeschrieben wurde, als der Herr Minister einmal von protestierenden Bauern daran gehindert wurde, eine Fähre zu verlassen.

Am Montag nun hat Habeck via Taz verkündet, dass er sein Bundestagsmandat zum 1. September niederlegt. Aber nicht, weil ihn etwa späte Zweifel befallen hätten. Der Mann, der auf das Wahlergebnis mit dem Satz »Das Angebot war top, die Nachfrage nicht so« reagierte, sieht sich immerzu bestätigt. Merzens Regierungserklärung war »meine Wahlkampfrede«, und deshalb kann er sich nur zurücklehnen und erklären: »Jetzt habt ihr es auch kapiert.«

Habeck platzt nur dann der Anzug des Staatsmannes, wenn die Rede auf jene Leute in der Union kommt, die sich nie mit einem schwarz-grünen Bündnis anfreunden konnten: Bundestagspräsidentin Klöckner nennt er etwas unfein eine »Fehlbesetzung«, und das »fetischhafte Wurstgefresse« von Söder ist sowieso »keine Politik«.

Diese Ausbrüche sind indes kein politisches Testament: Habeck geht, um zurückzukommen. Er gehe jetzt »ins Offene«, antwortet er auf die besorgte Frage der Taz-Leute, ob er mit der »Spitzenpolitik« abgeschlossen habe. Habeck will sich jetzt im Ausland mit »sicherheitspolitischen Fragen« beschäftigen. Er weiß eben, bei welchem Thema Breitbandgerede der Marke Habeck bald heftig nachgefragt werden wird.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. 

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

  • Leserbrief von Dr. Kai Merkel aus Möhnesee (26. August 2025 um 12:32 Uhr)
    Der schlechteste Wirtschaftsminister, den Deutschland jemals hatte. Endlich sind wir ihn auch im Bundestag los. Seine Entscheidung, lieber teures Frackinggas aus den USA zu kaufen statt von Russland, stürzte Deutschland in die Rezession und leitete die Deindustrialisierung ein. Dreckiger Kohlestrom ersetzte das Erdgas. Bis heute geht es wirtschaftlich abwärts, und es ist kein Ende in sicht. Hunderttausende haben bereits ihre Arbeit verloren, verzweifeln an den Lebensmittelpreisen und dürfen ihre Kinder bald für die verordnete grüne Kriegsgeilheit opfern. Danke dafür, »Robert«. Die »Qualitätspresse« hierzulande hat ihn brav hochgeschrieben, wie sie es mit transatlantischen Einflussagenten halt tut. Die Arbeit ist getan. Deutschland ist von russischen Ressourcen getrennt, wie es der große Herr in Washington wollte. Als Dank darf er künftig an US-amerikanischen Eliteunis den Prof. Habeck spielen. Er kann dort erklären, wie man Kinderbücher schreibt und Volkswirtschaften ruiniert.
  • Leserbrief von Patrick Büttner aus Leipzig (26. August 2025 um 12:21 Uhr)
    Klasse! Olaf Schubert – seines Zeichens Mahner, Erinnerer und Betroffenheitslyriker – hatte 2007 auf seinem Album »Ich bin bei dir!« das Stück »Der Prophet«. Ob Schubert auch Angstbeißer und Fährenflüchtlinge im Sinne hatte, weiß ich nicht. Man muss beim »zweitwichtigsten Bewahrer der Wahrheit nach dem Papst« nicht alles hinterfragen. Der Prophet. Neulich hatte ich wieder ein Gastspiel, bei dem ich meinem Publikum scheinbar zur Last fiel. Ich spielte und sang aus Leibeskräften. Doch der Applaus blieb aus. Meine wichtigen Gedanken und Ideen wollte man scheinbar wieder nicht verstehen. Und mir war sofort klar, der Prophet im eigenen Land gilt nichts […] Ich gelte nichts in diesem Land. Doch außerhalb der EU hört man mir zu.

Mehr aus: Ansichten