Förderer wider Willen
Von Volker Hermsdorf
US-Präsident Donald Trump ist den Widerstand nicht gewöhnt. Die Unterwerfung der EU unter sein Zolldiktat hatte er offenbar eingeplant. Doch in anderen Regionen – vor allem im globalen Süden – beweisen Politiker Rückgrat. Das Telefonat zwischen Brasiliens Lula da Silva und Chinas Xi Jinping könnte die Entwicklung von Alternativen zum Handel mit den USA vorantreiben. Kurioserweise wären Trumps Zölle dann so etwas wie der Beschleuniger für die politische und wirtschaftliche Integration der BRICS-Staaten – ein Bündnis, das sich als Gegengewicht zu westlich dominierten Machtzentren versteht.
Xi Jinpings Forderung, »alle Länder« sollten sich zusammenschließen und gemeinsam gegen Unilateralismus und Protektionismus stellen, dürfte bewusst im Telefonat mit Lula plaziert worden sein. Brasilien befindet sich in einer relativ guten Position, um sich gegen Trump zu behaupten. US-Exporte machen weniger als zwei Prozent des brasilianischen BIP aus – ein Grund, warum Lula eine echte Chance hat, sich erfolgreich zu widersetzen. Washington scheint sich dessen bewusst zu sein. Trotz der Einfuhrzölle in Höhe von 50 Prozent erlaubt Trumps Direktive 694 Ausnahmen, darunter für Produkte wie Orangensaft, Eisenerz und brasilianische Flugzeuge, die die USA kurzfristig kaum ersetzen können. Während Lula und Xi sich weitgehend einig über die Chancen für eine neue Rolle der BRICS-Staaten zu sein scheinen, hat sich Indiens Premierminister Narendra Modi bisher noch nicht zu den Vorschlägen der beiden geäußert.
Auch dem mittlerweile bevölkerungsreichsten Land der Welt droht Trump mit Strafzöllen und begründet sie mit Indiens Käufen von Waffen und Öl aus Russland. Für Modi könnten Zölle ein Druckmittel sein, will er das Land mit seinem »Make in India«-Plan als Alternative zu China in globalen Lieferketten etablieren. Obwohl sein ehrgeiziger Plan gefährdet ist, reagiert er gelassen, verweigert Zugeständnisse bei Ölimporten aus Russland und verweist auf den Schutz seiner Agrarmärkte. Die indische Wirtschaft, die unter den großen Nationen am schnellsten wächst, ist zudem weniger exportabhängig als viele asiatische Länder und dadurch besser geschützt. Die Belastung durch US-Zölle könne in zwei Jahren reduziert werden, wenn sich neue Märkte erschließen lassen, meinen indische Unternehmen. Auch Modi kann sich wehren.
Sollte es gelingen, die fragmentierten BRICS-Mitglieder politisch, wirtschaftlich und institutionell enger zu verbinden, ginge das Bündnis gestärkt aus Trumps Handelskrieg hervor. Die US-Zölle würden dann zum Katalysator eines Gegengewichts, das sich einseitigen Diktaten erfolgreich widersetzen kann. Ob es den BRICS-Ländern gelingt, diese historische Chance zu nutzen, wird sich in den nächsten Monaten erweisen. Die westliche Hegemonie über den globalen Süden mitsamt ihren Zwängen könnte dann der Vergangenheit angehören.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (12. August 2025 um 21:29 Uhr)Angenommen, die BRICS-Staaten – immerhin mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung – würden ebenso willkürlich wie Trump Strafzölle von 500 Prozent auf US-Produkte erheben und zusätzlich noch Sonderzölle gegen Länder verhängen, die mit den USA Handel treiben. Was, glauben Sie, wäre die Reaktion Washingtons? Ich überlasse die vielen möglichen Szenarien Ihrer Fantasie, möchte aber die wahrscheinlichste ansprechen: Die USA würden dies als eine Kriegserklärung interpretieren – und entsprechend dagegen vorgehen.
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