Fünfzehn Eimer im Leben: Blutspenden
Von Marc Hieronimus
Anfang der 1990er bekam man für eine Blutspende bei den besser bezahlenden Institutionen sagenhafte 50 D-Mark, die dann am 1.1.1999 korrekt (bis auf ein paar Zerquetschte) in 25 Euro umgewandelt wurden. Bei denen ist es geblieben. Rechnet man die Inflation bzw. den Kaufkraftverlust ein, müsste es heute etwas mehr als 50 Euro geben. In der Ferienzeit rufen die einschlägigen Zentralen zur Spende auf, weil die Blutreserven knapp werden. Zusammenhang und Lösungsansatz sollten klar sein: mehr Kohle, mehr Blut. Das Kalkül scheint aber ein anderes zu sein. Die einen, denkt man sich, kommen sowieso (nicht), egal wie hoch oder niedrig der Kleckerbetrag ausfällt, weil sie es für die Mitmenschen tun oder die ihnen eben nicht so wichtig sind, die anderen sammeln sonst Bierflaschen, und hier kriegt man mit einer Stunde Sitzen ohne jegliche Schlepperei den Gegenwert von 312 und einer halben davon. Meist gibt es sogar noch einen Kaffee und ein labberiges Brötchen dazu, und sauber und wohltemperiert sind die Zentralen auch noch. Bitte, da soll mal keiner meckern.
Blutspenden ist überdies weit weniger belastend als Leihmutterschaft oder Organspende und kann, wenn nicht beliebig, so doch sehr oft wiederholt werden; sie gilt sogar als gesundheitsförderlich und hat somit allenfalls in der Samenspende eine ernsthafte Konkurrentin. Die einen Menschen können alle acht, die anderen alle zwölf Wochen einen halben Liter ihres Lebenssaftes abgeben, sobald sie volljährig und solange sie körperlich dazu in der Lage sind. Das heißt, dass die Ehrgeizigsten innerhalb einer Lebensspanne auf über dreihundert Spenden und damit fünfzehn Eimer Blutverlust kommen, den ihr Körper stets aufs Neue und aus ureigenem Interesse wieder ausgleicht.
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