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Über Monopole

Zu Lust und Risiken des Kapitalverkehrs
Von Lucas Zeise
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Die sieben wertvollsten Unternehmen an der Börse sind bis auf den Elektroautohersteller Tesla des Herrn Musk allesamt Internet- oder Digitalunternehmen. Zwei der übrigen verkaufen Hardware, Nvidia die derzeit gefragtesten Chips für die Elektronikbranche, Apple lässt Geräte für den Endverbraucher produzieren. Die anderen vier Börsengiganten (Microsoft, Alphabet/Google, Amazon und Meta/Facebook) sind nicht in erster Linie produzierende Unternehmen, sondern Dienstleister. Unternehmen wie diesen verdanken die USA ihren Überschuss in der Dienstleistungsbilanz – im Gegensatz zur tiefroten Handelsbilanz. Microsoft lebt von den Gebühren für die von ihm patentierten Betriebssysteme. Alphabet/Google, Amazon und Meta/Facebook sind innovative Anwender des Internets.

Das Gemeinsame dieser sieben ist natürlich, dass sie außerordentlich hohe Gewinne aufweisen und dass die Spekulanten dieser Welt ihnen in Zukunft höhere Gewinne zutrauen. Dieser Satz ist eine Trivialität, aber er führt direkt zur nächsten wenig überraschenden Feststellung. Die hohen Profite sind das Ergebnis eines Monopols. Das Wort Monopol ist hier im Sinne der bürgerlichen Ökonomie gemeint: der (fast) einzige Anbieter in einem Markt zu sein, der deshalb besonders hohe Preise verlangen kann. Das ist bei Microsoft besonders offensichtlich, weniger so bei Amazon. Amazon kann seine Monopolstellung im Einzelhandel nur durch laufende Expansion erhalten.

Die Geschichte von Apple zeigt, dass solche Monopole in der Computerbranche schnell verloren gehen, aber auch wiedergewonnen werden können. Mark Zuckerbergs Meta und Alphabet mit der Tochtergesellschaft Google sind Unternehmen der Werbebranche. Ihre Erlöse sind nicht ausschließlich, aber zum größten Teil Werbeeinnahmen. Ihre enorm hohe Profitabilität entstammt ebenfalls ihrer Monopolstellung. Ihr Monopol ist von der Art, wie vormals die einzige Tageszeitung in einer Provinzstadt es auch innehatte.

Wer in der Stadt eine Information unter die Leute bringen wollte, kam an der lokalen Tageszeitung nicht vorbei. Er musste dort inserieren. Google und Facebook und die anderen »sozialen« Netzwerke sind solche Werbemonopole. Ihre kostenlose Dienstleistung entspricht dem, was früher die lokale Tageszeitung an nützlicher Information bereithielt und was in den Anzeigenblättchen auch heute noch kostenlos mitgeliefert wird. Nur umfasst das Monopol von Google und Facebook heute statt einer Provinzstadt den gesamten Globus.

Alle sieben Börsenriesen verfügen außerdem über mindestens eine weitere Profitquelle. Es ist ihre schiere finanzielle Potenz. Der größte Teil ihres eingesetzten Kapitals besteht aus liquiden, jederzeit mobilisierbaren Finanzmitteln. Außerdem werden sie von anderen Finanzkapitalisten mit Geld überhäuft, die an den hohen Extragewinnen des Unternehmens teilhaben wollen. Wir haben es also mit einer Art Fonds zu tun, die das in Hülle und Fülle hereinkommende Geld dazu verwenden, andere Unternehmen oder Teile davon zu erwerben. Es ist diese Geschäftstätigkeit, die Rudolf Hilferding und Wladimir Lenin dazu veranlasst hat, vom Finanzkapital als Form des Monopols zu sprechen. Die sieben Börsenwunder sind Monopole im bürgerlichen und im Leninschen Sinn.

Unser Autor ist Finanzjournalist und Publizist. Er lebt in Aachen.

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