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Aus: Ausgabe vom 08.08.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Infrastruktur

Gigantisches Brückenprojekt genehmigt

Italien: Die Brücke von Messina soll das Festland mit der Insel Sizilien verbinden. Das sei wichtig für den Kampf gegen Moskau, behauptet Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
Von David Maiwald
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Achtung, computergeneriert: So soll die Brücke vom italienischen Festland nach Sizilien aussehen

Ein seit der Antike gehegtes Projekt soll der Wille zum Krieg nun wahr machen. Italiens Präsidentin Giorgia Meloni hat am Mittwoch den Bau der größten Hängebrücke der Welt genehmigt. Sie soll das italienische Festland mit der Insel Sizilien verbinden: Von Messina soll sie zum gegenüberliegen Villa San Giovanni führen. Das Projekt bedeute eine »grundlegende Infrastruktur hinsichtlich der militärischen Mobilität«, hatte die Regierung schon vor einigen Monaten erklärt. Nun sollen die genehmigten Kosten von 13,5 Milliarden Euro dazu beitragen, das angestrebte NATO-Investitionsziel zu erreichen.

Der Brücke werde eine »Schlüsselrolle« für die italienische Sicherheit und Verteidigung zukommen, heißt es im Regierungspapier von April. Die Armee des Landes und der NATO-Verbündeten könnten sich durch sie deutlich leichter bewegen, der Bau werde der »wachsenden Bedeutung des Mittelmeerraums als geopolitisch sensibles Gebiet« gerecht. Wie die Financial Times am Mittwoch berichtete, hatte Italien das immer wieder forcierte und verworfene Bauvorhaben allerdings schon 1970 zur »nationalen Priorität« erklärt, vorgeblich um die wirtschaftlich schwächeren Regionen des Südens besser anzubinden und ihre Entwicklung zu stärken. Bereits die Regierungen der Expräsidenten Silvio Berlusconi und Mario Draghi wollten es verstärkt angehen – und scheiterten.

Von einer »Umweltkatastrophe« spricht das Komitee »No Ponte« (Keine Brücke). Das Projekt werde »verheerende Auswirkungen auf zwei besondere Schutzgebiete und elf Gebiete von gemeinschaftlichem Interesse« haben, erklärt das Bündnis auf seiner Internetseite. Der Brückenbau würde die Richtlinien der EU-Gesetzgebung zum Schutz ökologischer Flächen verletzen und das »empfindliche ökologische Gleichgewicht der Seen im angrenzenden Naturschutzgebiet Capo Peloro zerstören«, argumentieren die Projektgegner. Die notwendige Einstellung des Fährverkehrs während der Bauzeit werde die arbeitende Bevölkerung zudem übermäßig belasten. Insgesamt werde der wirtschaftliche Nutzen der Brücke von Messina ihre Kosten »um 1,5 Millionen Euro unterschreiten«, erklärt das Komitee, das in einer Präsentation von Kosten von rund 11,6 Milliarden Euro ausging.

Vizeministerpräsident und Verkehrsminister Matteo Salvini trug seine Freude über das »weltweit beispiellose« Projekt am Mittwoch dagegen deutlich zur Schau. Protestierenden »No Ponte«-Aktivisten hatte Salvini bei seiner Ankunft in Messina provokant eine Kusshand zugeworfen, berichtete die Tageszeitung La Sicilia. Der Brückenbau werde »Arbeitsplätze schaffen, Touristen anziehen und die Reisezeiten mit dem Zug um bis zu zweieinhalb Stunden, mit dem Auto um bis zu anderthalb Stunden verkürzen«, erklärte Salvini auf der Pressekonferenz. Es werde sogar »günstiger und umweltfreundlicher sein als die derzeitigen Fähren«. Auf die bisher geleistete Arbeit sei er »absolut stolz«.

Tatsächlich steht der militärische Nutzen des Baus in Frage. Die oberste Priorität der NATO bestehe schließlich darin, »in Westeuropa stationierten Truppen schnell nach Osten verlegen zu können, falls Russland die Ostflanke der NATO angreift«, zitierte Financial Times den Leiter für Verteidigung des römischen Instituts für internationale Beziehungen (Istituto Affari Internazionali, IAI). »Wenn man nach Osten muss, geht es entweder über die Adria, per Flugzeug oder über die Alpen«, so der IAI-Forscher. Italien solle lieber Häfen, Flughäfen und Straßen in Regionen ausbauen, wo Truppen stationiert sind.

Die »No Ponte«-Aktivisten wollen die Region ebenfalls stärken. Allerdings, ohne dafür Krieg zu führen. So sollten der Eisenbahnumschlag verbessert und neue Hochgeschwindigkeitsschiffe angeschafft werden, schlagen sie in einer Präsentation vor. Auch neue Züge und Lokomotiven, sogar den Ausbau eines Flüssigerdgasterminals und einer Verflüssigungsanlage haben sie in ihren Alternativplan eingepreist. Damit würden – mit deutlich geringeren Kosten – sogar »1.000 Arbeitsplätze mehr als unter dem Ponte-Programm« geschaffen.

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