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Aus: Ausgabe vom 06.08.2025, Seite 10 / Feuilleton
Kino

Stumpf ist Trumpf

Grüße aus dem Flachwitzkeller: Das geglückte Reboot der Krimikomödienreihe »Die nackte Kanone«
Von Marc Hairapetian
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»Was willst du hier, Kleine?« – »Deinen Arsch!« Frank Drebin Jr. (Liam Neeson) zückt den Todeslolli

»Basierend auf einer wahren Geschichte …« leuchtet ein pinker Schriftzug vor schwarzem Grund, nur um einen Augenschlag später ergänzt zu werden: »die wir uns ausgedacht haben!« Damit ist der Ton gesetzt, das Publikum eingestimmt. Ab geht es in den Flachwitzkeller. Die besten Gags des Reboots des Krimikomödienklassikers »Die nackte Kanone« (»The Naked Gun: From the Files of Police Squad!«, 1988), der wiederum aus der sechsteiligen Sitcom »Die nackte Pistole« (»Police Squad!«, 1982) des aus David Zucker, Jim Abrahams und Jerry Zucker bestehenden Filmemachertrios ZAZ hervorging, finden sich bereits im Trailer. Dennoch lohnt der Gang ins Kino. Schließlich widerlegt hier Liam Neeson eindrucksvoll die These, er könne alles sein, nur nicht lustig.

Ein besserer Witz ist bereits Neesons Besetzung: Der Charaktermime und Actionstar ist der Nachfolger von Leslie Nielsen (1926–2010), der als völlig verpeilter Lieutenant Frank Drebin in den drei Vorgängerfilmen von einem Fettnäpfchen ins nächste trat. Die Nachnamen, Sie verstehen. Muss man erst mal bringen. Das Produzentengespann Seth MacFarlane und Erica Huggins lachte sich also ins Fäustchen und verpflichtete Neeson als Nielsens Sohn. Der 1,93 Meter große Nordire ähnelt dem nur fünf Zentimeter kleineren kanadischen Kollegen zwar kein bisschen, was aber nicht stört, macht er sich doch genauso sympathisch zum Volltrottel. Mit 73 Lenzen ist er jetzt sogar weit älter als sein Filmvater, als dieser mit der unkaputtbaren Slapstickreihe startete. Noch so ein Witz. Es folgten damals die ebenfalls unkaputtbaren Sequels »Die nackte Kanone 2 1/2« (»The Naked Gun: The Smell of Fear«, 1991) und »Die nackte Kanone 33 1/3« (»Naked Gun: 33 1/3: The Final Insult«, 1994).

Der neue Film steht also in so großer wie seichter Tradition. Und schon der Auftakt des von »Saturday Night Live«-Regisseur Akiva Schaffer mit leichter Hand inszenierten Gagfeuerwerks, bei dem die Story gewohnt zweitrangig ist, gelingt hervorragend: Im Schulmädchenkostüm, bewaffnet mit einem Todeslolli, stoppt Frank Drebin Jr. einen Banküberfall. »Was willst du hier, Kleine?« fragt ihn einer der Räuber verdutzt. Neeson zieht sich die (digitale) Kindermaske über den Kopf und fährt ihn an: »Deinen Arsch!« Die alten Fans liegen am Boden. Stumpf ist Trumpf.

Trotz des Ermittlungserfolgs hat seine Chefin Davis (CCH Pounder) die ständigen Alleingänge von Drebin Jr. satt und verfrachtet ihn kurzerhand zur Verkehrspolizei. Dort kann er allerdings keine ruhige Kugel schieben. Er muss mit seinem Partner Captain Ed Hocken Jr. (Paul Walter Hauser) einen mysteriösen Unfall untersuchen, bei dem ein Techingenieur mit seinem Elektroauto einen Abhang hinabgestürzt ist, ohne jede Bremsspur versteht sich.

Da kommt Ex-»Baywatch«-Nixe und neuerdings ebenfalls Charakterdarstellerin Pamela Anderson ins Spiel und in Neesons Office. Vamp Beth Davenport: »Hallo Lieutenant. Ich denke, jemand hat meinen Bruder ermordet.« – »Nehmen Sie sich einen Stuhl«, antwortet der Gentleman. »Danke«, entgegnet Anderson und geht mit dem Stuhl davon. Solchen Quatsch muss man spielen können.

Die Chemie zwischen den beiden Stars stimmt bei solch stoisch in Szene gesetzten Kalauern, wie sie einst zwischen Leslie Nielsen und Priscilla Presley stimmte – ein unterschätzter Bestandteil des Charmes der alten Filme. Presley schlüpft hier übrigens für einen Gastauftritt erneut in die Rolle der Jane Spencer-Drebin. Inzwischen sollen Pam und Liam, die Ehrengäste der Deutschlandpremiere in der Berliner UCI Luxe East Side Gallery, sogar im realen Leben ein Paar sein.

»Die nackte Kanone«, Regie: Akiva Schaffer, USA 2025, 85 Min., bereits angelaufen

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