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Aus: Ausgabe vom 06.08.2025, Seite 10 / Feuilleton

Thomas, Elstermann, Marjan, Helfritsch

Von Jegor Jublimov
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Die einzige legitime Nachfolgerin von Inge Meysel: Marie-Luise Marjan (1991)

Einen Kinofilm hat Jochen Thomas nie inszeniert, aber von 1972 bis 1991 zwei Dutzend Fernsehspiele für den DFF. Dafür hat er in seinem Hauptberuf als Schauspieler ab 1952 in Dutzenden Filmen bei Regisseuren wie Wolfgang Staudte, Frank Beyer, Kurt Maetzig und Gottfried Kolditz oft in Rollen von Proletariern vor der Kamera gestanden. Der gebürtige Kasselaner, den es nach dem Krieg in den Osten verschlug, wäre am Donnerstag 100 Jahre alt geworden und starb 1995. Im Berliner Maxim-Gorki-Theater, dem er seit 1952 angehörte, hat er rund 5.000 Vorstellungen gespielt und einige inszeniert. Seine Filmpartnerinnen waren unter anderem Marianne Wünscher, Helga Raumer und Agnes Kraus, aber mir verriet er einmal, dass er zu gerne mit Lilli Palmer gespielt hätte.

Am Montag hat Filmjournalist Knut Elstermann seinen 65. Geburtstag gefeiert und sich im RBB erst mal in den Urlaub verabschiedet. Erholt er sich dort oder schreibt er wieder ein neues Buch? Im jüngsten, »Bach bewegt«, widmet er sich den Filmdarstellungen des Komponisten von Eugen Klöpfer über Ulrich Thein bis Vadim Glowna und besucht Wirkungsstätten des Meisters. Dem Buch ist der gleiche Erfolg zu wünschen wie seinem Porträtband »Im Gespräch« über Filmkünstler wie Corinna Harfouch, Wolfgang Kohlhaase und Manfred Krug, das der Bebra-Verlag jetzt in vierter, verbesserter Auflage herausgebracht hat. Bevor er bei DT64 zum Radio kam, war Elstermann Redakteur beim Neuen Deutschland. Da verwunderte es jW-Leser in Hamburg, dass er kürzlich ein Filmgespräch absagte, weil es etwas politisch hätte werden können.

Bürgerschaftliches Engagement für Kinder in Ländern wie Indien, Vietnam und Haiti ist seit Jahren die Sache von Marie-Luise Marjan. Am Bochumer Schauspielhaus hatte sie unter Peter Zadek ihre intensivste Theaterzeit, spielte daneben in Filmen von Wolfgang Petersen, Werner Schroeter und Rainer Werner Fassbinder, ehe sie ab 1985 in der mitunter auch politisch brisanten Serie »Lindenstraße« als Helga Beimer neue »Mutter der Nation« genannt wurde. Sie war durchaus sportlich und hat auch Jüngere beim Bowling besiegt, aber seit einem Oberschenkelhalsbruch geht sie stolz am Rollator. Am Sonnabend feiert sie ihren 85. Geburtstag.

»Das ist ein Kabarettist, der nebenbei eine riesige Berliner Schule leitet«, sagte einst Kollege Edgar Külow über Wolfgang Helfritsch. Das stimmte. In seinem großen Kollegium fand er Gleichgesinnte, mit denen er kabarettistische Programme im »Theater im 12. Stock«, später dem Zimmertheater Karlshorst aufführte, auch von Tucholsky. In der DDR konnte er noch nicht ahnen, dass er die 1988 im Allgäu gegründete Kurt-Tucholsky-Gesellschaft einst leiten sollte.

Am 8. August vor 90 Jahren wurde Helfritsch im vogtländischen Greiz geboren, hatte aber in Krieg und Nachkriegszeit unter Mangelernährung zu leiden, die Wachstumsstörungen verursachte, deren Folgen ihm noch immer zu schaffen machen. Zu seinen literarischen Favoriten zählte der Greizer den aus dem Eulenspiegel bekannten Satiriker Hansgeorg Stengel, dem Helfritsch zuletzt ein Programm widmete. Vor zwei Jahren nahm er damit in der Musikbrennerei in Rheinsberg seinen Bühnenabschied. Chefin Jane Zahn schreibt im Magazin Ossietzky, für das auch Helfritsch jahrelang Glossen verfasste, nachdem er sich zuvor am kurzzeitigen Relaunch des Simplicissimus beteiligt hatte. Neben Aktuell-Hintergründigem hat er auch Ratschläge für den Sommer parat: »Besucher nicht zu fürchten braucht, wer seinen Garten täglich jaucht!«

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