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Aus: Ausgabe vom 02.08.2025, Seite 5 / Inland
Automobilindustrie

Teslas Schrottpresse

Bericht: Boss Musk als Absatzrisiko. »Gigafactory« als Produzent für Halde. BR-Chefin als Komanagerin
Von Oliver Rast
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Imagekrise und Nachfrageflaute: Ein typischer Fall von elektromobiler Überproduktion (Grünheide, 9.12.2024)

Das war anders gedacht und geplant: Nicht die E-Autos sind Verkaufsschlager, sondern Aufkleber: Sticker gegen den Tesla-Boss, gegen Elon Musk. Auf einem steht: »Tesla hui, Elon pfui.« Oder: »Ich habe es gekauft, bevor er verrückt wurde.« Oder, oder: »I love the car, not Elon.« Sinnsprüche, plakativ, pointiert – aber auch: zu personalisiert.

Hintergrundinformationen dazu standen am Freitag in der Wochenendausgabe vom Handelsblatt – unter der Überschrift: »Inside Tesla Deutschland. Verhärtete Fronten«. Ein Sechs-Seiten-Report über die einzige Tesla-Produktionsstrecke in Europa, über die »Gigafactory« in Grünheide in Ostbrandenburg. Darin eine dichte Kapitelfolge über mieses Image, alternde Produkte und zoffende Belegschaftsvertreter. Kurzum, bei dem elektromobilen Pionier kriselt es: Akku leistungslos, Motor saftlos, Vehikel antriebslos.

Großspurig waren hingegen die Ankündigungen. Die des »Verrückten« samt Wasserträgern aus der Landespolitik, etwa dem Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und dem früheren Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (beide SPD). Noch beim Richtfest im September 2020 hatte Steinbach orakelt: »Perspektivisch könnte die Tesla-Fabrik in Grünheide je nach Markthochlauf bis zu 40.000 Mitarbeiter haben.« Aussichten, die das Genehmigungsverfahren dank ministerieller Rückendeckung beschleunigten. Mehr noch, der Bau begann, bevor alle Betriebszulassungen vorlagen – und das teils in einem Trinkwasserschutzgebiet. Anwohner und Aktivisten protestierten. Es half nichts, im März 2022 eröffnete Musk mit viel Tamtam sein Werk. Nicht nur das. Die »Gigafactory« sollte auf dem Nachbarareal erweitert, quasi »gespiegelt« werden. Auch hier: Protest, diesmal mittels Platz- und Baumbesetzung. Wieder zwecklos. Im November vergangenen Jahres räumte eine Polizeiarmada das Camp.

Was bleibt? Eine Art Selbstsabotage des Firmengründers. Wahlkampfspenden für Donald Trump, Wahlkampfhilfe für Alice Weidel. Eskapaden samt Rufschaden, die beim wohlsituierten ­E-Auto-Klientel mit »grüner« Schlagseite nicht gut ankommen. Eine Folge: Absatzeinbruch bei Tesla. Weltweit sanken die Auslieferungen im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 13,5 Prozent auf 384.000 Fahrzeuge, berichtete jüngst dpa. In Deutschland wurden im Juni nur noch 1.860 Teslas zugelassen, das sind 60 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Selbst der Motorradhersteller Suzuki verkaufte hierzulande zuletzt mehr Pkw.

Okay, Musks Politkapriolen sind das eine. Managementfehler das andere. Beispielsweise das Setzen auf eine veraltete Fahrzeugflotte. Der Beleg: »Die Modelle S, X, 3 und Y hatten ihre Marktpremieren 2012, 2015, 2017 und 2020«, weiß das Handelsblatt. Und der hochgehandelte, 2024 eingeführte »Cybertruck« ist nicht Musks Topprodukt, »sondern sein größter Flop«. Einen unternehmerischen Befreiungsschlag verspricht sich der Boss mit Robotaxis. Spätestens Ende kommenden Jahres würden selbstfahrende Autos die Tesla-Bilanz aufbessern, verkündete der Techmilliardär nach Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal. Bis dahin könne es aber einige »harte Quartale« geben.

Ein Warnsignal, ahnen Gewerkschafter. Die Gruppe »IG Metall – Tesla Workers« im Tesla-Betriebsrat (BR) in Grünheide erklärte unlängst: »Die Probleme sind zu ernst, um sie einfach beiseite zu wischen.« Es gehe jetzt um die Zukunft der »Gigafactory«. Die Kollegen seien nicht schuld an Imagekrise und Absatzflaute. Mitnichten, sie hätten das Werk in Rekordzeit aufgebaut und zum Laufen gebracht. »Wir brauchen unsere Arbeitsplätze auch in drei, fünf und zehn Jahren noch und werden sie als Belegschaft gemeinsam verteidigen müssen«, betonten die »Tesla Workers« weiter – denn die Geschäftsleitung werde das nicht im Sinne der Beschäftigten tun. Sicher nicht, braucht sie auch nicht. Zumal die BR-Vorsitzende organisierten Metallern »Schwarzmalerei« vorwirft und einen strikten »gelben Kurs« fährt.

Zurück zu selbstklebenden Accessoires für (elektromobile) Fahrzeugteile. Vorschlag für das Stickersortiment: »Giga­factory, ein Gigafail!« Oder: »Tesla, reif für die Schrottpresse.«

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