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Aus: Ausgabe vom 02.08.2025, Seite 4 / Inland
Deutsche Waffen für Israel

Worte ja, Taten nein

Hardliner aus der Union fordern: Waffenlieferungen an Israel nicht aussetzen, Kanzler darf sich internationalem Druck nicht beugen
Von Philip Tassev
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In israelischen »Merkava«-Panzern sind Getriebe von Renk und Motoren von MTU verbaut (Gaza, 23.11.2023)

Das proisraelische Lager in der BRD steht unter Druck. Zu grausam sind die Verbrechen der zionistischen Besatzer in Palästina, als dass sich der Protest dagegen hierzulande länger totschweigen oder diffamieren ließe. CDU-Politiker Roderich Kiesewetter versucht es trotzdem. Am Freitag bezeichnete er im ARD-»Morgenmagazin« die am Vortag in einem Protestbrief aus der Kulturbranche erhobene Forderung nach einem Stopp von Waffenlieferungen an Israel als »eindeutige Täter-Opfer-Umkehr«. In derselben übte er sich zugleich selbst, indem er sagte, er hätte sich von den rund 200 Erstunterzeichnern des Briefs ebenso deutliche Worte am 7. Oktober 2023 gewünscht – als sei der Ausbruch militanter palästinensischer Gruppen aus dem Gazastreifen unter Führung der Hamas die Ursache des gegenwärtigen Konflikts und nicht die jahrzehntelange Unterdrückung und Vertreibung durch den zionistischen Staat. Auf Nachfrage verneinte Kiesewetter zudem ausdrücklich jegliche Notwendigkeit, Druck auf die Regierung von Benjamin Netanjahu auszuüben, da sich Israel angeblich nur gegen Kräfte verteidige, die es vernichten wollen.

Und überhaupt brauche Israel dafür gar keine deutschen Waffenlieferungen, im Gegenteil sei es die Bundesrepublik, die auf Israels »Unterstützung« angewiesen sei: »Bei Luftverteidigung, bei Panzerabwehrwaffen und bei bewaffneten Drohnen«.

Dazu ein paar Zahlen: Laut ARD erteilte die Bundesregierung 2024 Genehmigungen für Rüstungsexporte nach Israel im Wert von rund 161 Millionen Euro, 2023 waren es über 300 Millionen Euro. Geliefert werden von deutschen Konzernen vor allem Munition und Teile für Panzerfahrzeuge und Kriegsschiffe. Neben den US-Lieferungen an Israel nimmt sich das natürlich bescheiden aus: Nach Angaben des »Cost of War Project« der Brown University belief sich der Umfang der US-Militärhilfe für Israel allein zwischen Oktober 2023 und Oktober 2024 auf rund 18 Milliarden US-Dollar. Als einer der am stärksten militarisierten Staaten der Erde verfügt Israel zudem selbst über eine leistungsfähige Rüstungsindustrie, von der die Bundeswehr in der Tat Kriegsgerät wie das »Arrow 3«-Raketenabwehrsystem bezieht. Dennoch ist die BRD der zweitwichtigste Waffenlieferant Israels. Eine Einstellung der Lieferungen wäre ein starkes Signal und würde die israelische Position auf der internationalen Bühne durchaus schwächen.

Das wissen die deutschen Freunde Israels. Die Junge Union Hessen forderte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Mittwoch per offenem Brief dazu auf, die »unverbrüchliche Solidarität« nicht aufzukündigen, »nur weil einige europäische Partner bereits beginnen, in ihrer Haltung einzuknicken«. Der Kanzler dürfe sich nicht dem wachsenden internationalen Druck beugen.

Mehrere Staaten, darunter Norwegen, Großbritannien und seit Wochenbeginn auch die Niederlande, haben inzwischen Einreiseverbote für die faschistischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir verhängt – zwei der übelsten Gestalten der Netanjahu-Regierung.

Während sogar Kiesewetter solche Restriktionen als gerechtfertigt ansieht, hält CSU-Generalsekretär Martin Huber nichts davon. »Kritik an der israelischen Regierung ist möglich, aber Sanktionen unter Freunden auf keinen Fall«, sagte er am Freitag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Und: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir gegenüber der demokratisch legitimierten Regierung Israels Einreiseverbote erlassen.« Wie Kiesewetter sieht Huber die einzige Lösung für den Konflikt in der Beseitigung des palästinensischen Widerstands. Es könne »keine Ruhe einkehren, solange Kräfte im Nahen Osten Israel und jüdisches Leben vernichten wollen«. Die Hamas müsse die im Oktober 2023 gefangengenommenen Israelis freilassen, ihre Waffen niederlegen und das »Existenzrecht Israels« uneingeschränkt anerkennen. Von der demagogischen Gleichsetzung des Staates Israel mit dem Judentum einmal abgesehen – diese Forderungen laufen auf eine Kapitulation der Hamas hinaus. Zur Deeskalation tragen sie nichts bei.

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