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Aus: Ausgabe vom 28.07.2025, Seite 11 / Feuilleton
Festspielsommer

Toll, toll, toll

»Bravo!«-Chöre in Bayreuth, Standing Ovations in Salzburg: Der Hochkultursommer ist mit der Eröffnung seiner wichtigsten Festivals schon so richtig hitzig. Die Neuinszenierung der »Meistersinger von Nürnberg« von Regisseur Matthias Davids versetzte das Bayreuther Publikum am Freitag abend in selten einhellige Verzückung. Die Meistersinger als halbes Musical, mit Massenszenen und Klamauk und in schön bunt, da blieb kein Auge trocken. Auch nicht beim Kanzler, der sich nach 20 Jahren mal wieder auf den grünen Hügel gewagt hatte. Inszenierung, Bühnenbild, Künstler – alles toll, so Friedrich Merz (CDU).

Schön düster dagegen wurde es in Salzburg, wo Regisseur Dmitri Tschernjakow am Samstag abend die Händel-Oper »Giulio Cesare in Egitto« in einen Bunker verlegte. Schließlich geht es um Mord und Totschlag in der Politik, nichts für schwache Nerven. Dem vielleicht etwas morbiden Salzburger Publikum gefiel es jedenfalls prächtig: minutenlanger Applaus. Vielleicht noch gegenwärtig war da manchem der Protest gegen sehr aktuelle Mordtaten, der am Vorabend den Festakt zur Eröffnung der Salzburger Festspiele gestört hatte. Propalästinensische Aktivisten riefen wegen des Gazakriegs Parolen wie »Blut, Blut auf euren Händen« und entrollten Plakate mit Aufschriften wie »Stoppt den Völkermord«. Der für Kultur zuständige Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) musste seine Rede unterbrechen. Er bot den Protestierenden einen »offenen Diskurs« an. Aus dem Saal der Salzburger Felsenreitschule wurden sie trotzdem gebracht.

Die anschließende Festrede hielt die US-amerikanisch-polnische Publizistin und Historikerin Anne Applebaum, die mit teils krude antikommunistischen Büchern bekannt wurde. Sie sagte eingangs, sie leide sehr unter den Bildern hungernder Kinder in Gaza. Israel müsse das humanitäre Völkerrecht einhalten. In ihrer Rede warnte sie dann wie gewohnt vor weltweiten antidemokratischen Tendenzen. Schuld seien Putin und das Internet. (dpa/jW)

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