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Aus: Ausgabe vom 25.07.2025, Seite 4 / Inland
Fragwürdige Entwicklungshilfe

Unverminderter Welthunger

Welthungerhilfe: Jeder elfte Mensch hungert. Kürzungen für Hilfen drohen Lage zu verschlechtern
Von Niki Uhlmann
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Hungerkrise: Im Gazastreifen nutzt Israel Hunger als Kriegswaffe (23.7.2025)

Weltweit hungert jeder elfte Mensch. Mit 733 Millionen Menschen litten darunter vergangenes Jahr 152 Millionen mehr als 2019, teilte die Nichtregierungsorganisation Welthungerhilfe (WHH) am Donnerstag bei der Vorstellung ihres Jahresberichts in Berlin mit. Wäre es »politisch gewollt« und »ausreichend finanziert«, könnte der Hunger kurzerhand überwunden werden, heißt es in der Mitteilung dazu. Das ist nicht der Fall: Während Klimakatastrophe und Kriege die globale Ungleichheit samt Hunger verschärften, kürzten die »größten Geber«, darunter die USA und die BRD, »ihre Budgets für Entwicklungszusammenarbeit drastisch«.

Aktuell grassiere »die größte Hungerkrise der Welt« im Sudan, heißt es im Bericht. Aufgrund des tobenden Bürgerkriegs seien dort 25 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. 300.000 von ihnen habe die WHH unterstützen können. Die »schlimmste humanitäre Krise unserer Zeit« verursache allerdings das anhaltende genozidale Vorgehen der israelischen Regierung im Gazastreifen. Bis Ende 2024 seien 90 Prozent der dortigen Bevölkerung vertrieben worden. Viele stünden »unmittelbar am Rand des Hungertods«. Aus »keinem anderen Krisengebiet« berichteten die Ortskräfte der WHH von derart »apokalyptischen Zuständen«. Der Hunger ist dort keine Folge, sondern eine Waffe der israelischen Besatzungsmacht gegen die Palästinenser.

Wenig überraschend trifft Hunger Frauen und Mädchen genau wie Armut oder Entrechtung häufiger und härter. »Geschlechtergerechtigkeit ist ein wichtiger Hebel, um den Hunger nachhaltig zu beseitigen«, kommentierte der WHH-Vorstandsvorsitzende Mathias Mogge bei der Vorstellung. Bei Förderung von Gesundheit, Bildung und ländlicher Entwicklung müssten Regierungen »bestehende Ungleichheiten beseitigen und Frauen besseren Zugang zu Ressourcen und Entscheidungen ermöglichen«.

Dass es sich bei Hunger schon längst nicht mehr um ein reines Verteilungsproblem handelt, macht dessen Eindämmung nicht leichter. Kapitalistischer Raubbau hat viele Ecken der Erde derart zugerichtet, dass Menschen dort kaum noch leben, geschweige denn gedeihen können. Deshalb verknüpft die WHH laut Bericht »den Einsatz gegen Hunger mit dem Schutz der Lebensräume« und hat dabei viel vor. So müssen »die Sektoren Ernährung, Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung, Gesundheit und humanitäre Hilfe« zwecks Resilienz »grundlegend umgestaltet werden«, sollen ferner »Partnerschaften mit Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und staatlichen Einrichtungen ausgebaut« werden.

»Entscheidend« für den Kampf gegen den Hunger seien dabei unter anderem »Digitalisierung, umsichtige Kommunikation auf Augenhöhe und eine vielfältige und nachhaltige Finanzierung aus institutionellen und privaten Quellen«. Bislang schien beim Geld auf die Bundesregierung Verlass zu sein. Da heißt es, im vergangenen Jahr habe die WHH rund die Hälfte ihrer Finanzen »aus deutschen Bundesmitteln« bezogen. Das erklärt womöglich, warum über die Verstrickungen von BRD und BRD-Kapital in den Welthunger wenig bis gar nichts zu lesen ist.

Angesichts der Kürzungen im Haushalt der Entwicklungshilfe warnte WHH-Präsidentin Marlehn Thieme: »Kürzungen kosten Menschenleben.« Was aussehe wie »ein Sparkurs«, bedeute »für Millionen Menschen Hunger, Flucht oder sogar den Tod«. Nur hat sich seit 2016 trotz steigender öffentlicher Zuwendungen im Welthungerindex der WHH quasi nichts getan, wohingegen ihre Bilanz 2024 Wertpapiere im Wert von fast 44 Millionen Euro aufwies.

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