Hickhack um Galeria am Alex
Von Gudrun Giese
Angeblich plant die geschrumpfte Galeria-Warenhauskette in nächster Zeit keine weiteren Filialschließungen. Für das Haus am Berliner Alexanderplatz könnte es anders kommen.
Seit längerem ist hier die Commerz Real, Tochter der Commerzbank AG, die Eigentümerin. Sie möchte für das Warenhausgeschäft perspektivisch deutlich weniger Fläche als bisher spendieren und statt dessen große Teile des Gebäudes dem Land Berlin für die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) anbieten.
Die Berliner Morgenpost berichtete am Mittwoch über ein Finanzierungsmodell, das die Commerz Real einen Tag zuvor an »Entscheidungsträger« geschickt hatte. Danach solle das Land Berlin das Grundstück kaufen und der Commerz Real ein Erbbaurecht für dreißig Jahre einräumen. Außerdem sollen ZLB bzw. Land Berlin bei der Commerz Real die für die Bibliothek benötigte Fläche mieten. Nach Unterzeichnung des Vertrages, den die derzeitige Immobilieneigentümerin sich für dieses Jahr wünscht, zahlt sie die Grunderwerbssteuer, das Land Berlin müsste 2027 und 2028 das Geld für den Grundstückserwerb aufbringen, während die Commerz Real das Erbbaurecht erhielte. Zu dem Zeitpunkt solle der Umzug der ZLB von den heutigen Standorten Amerika-Gedenkbibliothek in Kreuzberg und Berliner Stadtbibliothek in Mitte beginnen und das Warenhausgeschäft auf ein Drittel der bisherigen Fläche geschrumpft werden.
Ab 2028 soll das Land für den Bibliotheksbetrieb dreißig Jahre lang Miete zahlen, erhält dafür im Gegenzug für das mittlerweile erworbene Grundstück aber Erbpacht von der Commerz Real. Zum 31. Dezember 2058 wäre dann die Restwertzahlung für das Gebäude fällig. »Dieser Plan ist finanziell solide durchkalkuliert und liegt den zuständigen Behörden vor«, zitierte die Morgenpost einen Sprecher des Immobilienunternehmens. Genaue Zahlen enthielt der Vorschlag allerdings nicht. Die Zeitung berief sich auf interne Quellen, die von insgesamt rund 485 Millionen Euro für die ZLB-Miete innerhalb der dreißig Jahre von 2028 bis 2058 ausgehen. Zuzüglich Zinsen, Grundstückskosten und Restwert ergäbe sich eine Gesamtsumme von knapp 600 Millionen Euro, was unter den bisherigen Angeboten liegen würde. Ob sich das Land Berlin auf das Geschäft einlassen wird, ist aber noch offen.
Offen bleibt derzeit auch, wie es in naher Zukunft für das Galeria-Warenhaus weitergeht, denn der Mietvertrag mit der Commerz Real endet am 28. Februar 2026 und muss verlängert werden. Hatte sich zunächst abgezeichnet, dass die bestehenden Vereinbarungen bis zum 31. August 2026 »unter gleichbleibenden wirtschaftlichen Bedingungen« fortgeschrieben werden könnten, um Zeit für Verhandlungen zu gewinnen, ist diese Einigung inzwischen fraglich geworden, berichtete die Morgenpost am vergangenen Freitag. Die Commerz Real fordere knapp vier Millionen Euro von Galeria über die Miete hinaus für die Beseitigung von Baumängeln und einen besseren Brandschutz. Das Warenhausunternehmen wolle hingegen lediglich etwa ein Viertel dieser Forderung aufbringen.
Erst im August soll über die strittigen Geldforderungen weiterverhandelt werden, so dass für Galeria die Zeit knapp werden könnte, einen möglichen Sozialplan zu erarbeiten, falls es zu keiner Einigung kommen sollte. Immerhin geht es um rund 350 Arbeitsplätze am Standort des einstigen Centrum-Warenhauses. »Wir wünschen uns, dass alle Beteiligten jetzt die Chance ergreifen, sich erneut an einen Tisch zu setzen und eine gemeinsame Perspektive für den Alexanderplatz zu erarbeiten«, sagte die Betriebsratsvorsitzende Sylvia Sack gegenüber der Morgenpost. Das Anliegen der Belegschaft sei es, am Alexanderplatz zu bleiben, »für die Menschen, für die Stadt und für eine lebendige Innenstadt«.
Franziska Giffey (SPD), Wirtschaftssenatorin in Berlin, zeigte sich enttäuscht darüber, dass sich Galeria und die Commerz Real noch nicht auf eine Vertragsverlängerung geeinigt hätten. Die Filiale am Alexanderplatz sei einer der erfolgreichsten Warenhausstandorte Berlins. Umso wichtiger sei eine langfristige Nutzungsperspektive für Galeria.
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