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Aus: Ausgabe vom 17.07.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
USA

Spionagevorwürfe bleiben

Jeffrey Epstein soll Gerüchten zufolge für Israels Geheimdienst gearbeitet haben
Von Luca Schäfer
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Von der Justiz lange mit Samthandschuhen angefasst: Jeffrey Epstein (M.) vor Gericht (Palm Beach, 30.7.2008)

Ihre erste Bekanntschaft datiert laut Angaben von US-Präsident Donald Trump auf die späten 1980er Jahre. Belegt ist eine feucht-fröhliche Partynacht 1992 mit Jeffrey Epstein in Trumps Mar-a-Lago-Anwesen. Ein Archivvideo des Senders NBC zeigt die beiden umringt von tanzenden Cheerleadern der Buffallo Bills, Trump scheint dem später verurteilten Sexualstraftäter Frauen als »hot« andienen zu wollen. Zudem belegen die vergangene Woche von US-Justizministerin Pam Bondi freigegebenen Dokumente, dass die Trump-Familie mehrfach im Epstein-Privatjet mitgeflogen ist. Doch schon 2004 sollen sich die beiden wegen eines geplatzten Deals zerstritten haben.

Es bleiben Restzweifel. Einmal, da Trump Epsteins Helferin Ghislaine Maxwell angesichts ihres Prozesses 2020 noch »alles Gute« wünschte. Außerdem geriet Trump selbst mehrfach in den Fokus der Anschuldigungen. So soll er gegenüber der damaligen Freundin von Epstein, dem Model Stacey Williams, sexuell übergriffig geworden sein. 2016 beschuldigte eine nur unter Pseudonym auftretende Frau Epstein wie Trump, beide hätten sie im Alter von 13 Jahren in der Wohnung von Epstein vergewaltigt. Zwei entsprechende Klagen vor zwei Gerichten wurden allerdings alsbald wieder fallengelassen. Erschwerend kommt allerdings noch hinzu, dass Danielle Bensky, ein Opfer von Epstein, Trump sowie der US-Justiz Vertuschung und Verfolgungsvereitelung vorwirft.

Für die vom US-Moderator Tucker Carlson aufgegriffenen Mossad-Anschuldigungen wiederum lieferte Alexander Acosta Material. Trotz erdrückender Beweise gegen Epstein war es unter dem obersten Leiter der US-Strafverfolgungsbehörden im Jahr 2007 zu einem geheimen Deal gekommen, der den Beschuldigten weitgehend vor Ermittlungen des FBI schützte. Laut der Journalistin Vicky Ward erklärte Acosta, er habe Epstein nicht weiter verfolgt, da dieser »dem Geheimdienst« angehöre.

Wahr ist: Epstein hatte gute Geschäftsbeziehungen nach Israel. Der israelische Expremier Ehud Barak und Epstein trafen sich dutzendfach und flogen ebenfalls gemeinsam in dessen Privatjet. Epstein spendete beträchtliche Summen an zionistische israelische Organisationen. Wichtiger jedoch ist, dass Epstein 2015 gemeinsam mit Barak in das israelische Startup Reporty Homeland Security (heute Carbyne) investierte, das von Barak geführt wurde. Carbyne arbeitet an krisensicheren Kommunikationssystemen. Spannend ist, dass Carbyne aus der israelischen Geheimdiensteinheit »Unit 8200« hervorgegangen ist, seinen Sitz und seine Hauptfinanzquellen jedoch 2019 in die USA verlegte. War Epstein auf den erklärten Netanjahu-Gegner Barak angesetzt? Die Epstein-Akten legen sexuelle Handlungen Baraks nahe, dieser bestreitet jegliche Vorwürfe.

Es gibt keine abschließenden Beweise dafür, dass Epstein für einen Geheimdienst tätig war. Der ehemalige israelische Geheimdienstmitarbeiter Ari Ben-Menashe behauptet jedoch, dass Epstein für Dienste aktiv gewesen sei. Das Ziel soll darin bestanden haben, mächtige Personen in kompromittierende sexuelle Situationen zu bringen, um sie anschließend erpressbar zu machen. Solche »Kompromatoperationen« sind ein klassisches Mittel der Spionage. Das Adressbuch des Toten erweist sich in dieser Hinsicht als Schatzkiste: Darin sind nicht allein Mick Jagger, Michael Jackson, Alec Baldwin oder Naomi Campbell verzeichnet, sondern auch Rupert Murdoch, diverse Kennedys, Bill Clinton, Prinz Andrew, Richard Branson und der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman.

Nicht zuletzt sei erwähnt, dass der Vater von Epsteins Mittäterin, der Medienmogul Robert Maxwell, nachweislich Kontakt zu mehreren westlichen Geheimdiensten hatte. Im November 1991 fiel er aus ungeklärten Gründen von seiner Yacht und wurde später tot geborgen. Die Rechercheplattform Mintpress legt nahe, dass Epstein nach Maxwells Tod in dessen Fußstapfen trat. Auch sein Ableben in Haft ist ungeklärt – angeblich wurde das Video der Zellenüberwachung gelöscht, und die Wärter unterließen trotz Suizidgefahr den Kontrollgang. Epstein behauptete selbst, dass er »Schmutz über mächtige Leute« besitze. Offen muss die Frage bleiben, ob er, wenn überhaupt, nicht sogar ein doppeltes Spiel für die USA und Israel spielte.

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