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Aus: Ausgabe vom 16.07.2025, Seite 15 / Antifaschismus
500.000 »Thompson«-Fans in Zagreb

Rekord für Rechtsrocker

Kroatien: Mehr als 500.000 Menschen jubeln faschistischem Sänger Marko Perković zu. Fans zeigen offen faschistische Grüße der Ustascha-Diktatur
Von Slavko Stilinović
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Dem Spektakel des Ustascha-Verehrers wohnte eine halbe Million Menschen im Hippodrom in Zagreb bei (5.7.2025)

Von diesen Zahlen können deutsche Faschisten nur träumen, die ihre Rechtsrockkonzerte für einige hundert Neonazis auf irgendwelchen Bauernhöfen in der Provinz abhalten. »Mit diesem Konzert zeigen wir unsere Einheit«, rief Marko Perković von der Bühne in Zagreb. Rund 504.000 Menschen jubelten ihm zu. Das Konzert des sich »Thompson« – nach der im Ersten Weltkrieg in den USA für den Grabenkrieg entwickelten Maschinenpistole – nennenden faschistischen Rockstars brach damit einen Weltrekord.

Niemand vor ihm hatte für eine einzelne Musikveranstaltung so viele Karten verkauft. Man darf annehmen, dass die allermeisten von ihnen nicht trotz, sondern gerade wegen Perkovićs offen faschistischen Auftretens auch aus dem Ausland zum Konzert vom 5. Juli in die Stadt mit rund 700.000 Einwohnern gereist sind. Besonders unter Auslandskroaten ist der Rechtsrocker populär. Aber auch viele südostasiatische Arbeitsmigranten waren vor Ort, um sich das Spektakel im Hippodrom nicht entgehen zu lassen.

Es war das größte Konzert in der Geschichte Kroatiens. Die Staatsmacht war entsprechend aktiv geworden. So war der Veranstaltungsbereich schon Tage zuvor weitgehend abgeriegelt und der Verkehr in mehreren Vierteln eingestellt worden. Die Behörden mobilisierten Tausende Polizisten und errichteten ein spezielles Kontrollzentrum sowie ein mobiles Feldlazarett. Der staatliche Fernsehsender HRT berichtete, dass Scharfschützen das Gelände sicherten und Hubschrauber über dem Veranstaltungsort kreisten, während Besucher einströmten.

Perković forderte in seiner Ansprache den Rest Europas auf, »zu seinen Traditionen und christlichen Wurzeln zurückzukehren«. Im Publikum waren Fans in kroatische Flaggen gehüllt, andere trugen schwarze T-Shirts mit dem Schriftzug »Thompson« oder Neonazisymbole. Zuvor hatten die Veranstalter betont, dass jegliche Hasssymbole und hetzerische Insignien beim Konzert strengstens verboten seien. Videoaufnahmen, unter anderem vom Nachrichtenportal Index, zeigen, wie Fans den Ustascha-Gruß »Für die Heimat bereit« mitgröhlten.

Die klerikal-faschistische Diktatur der Ustascha in Kroatien während des Zweiten Weltkriegs betrieb Konzentrationslager, in denen Zehntausende ethnische Serben, Juden, Roma und antifaschistische Kroaten brutal ermordet wurden. Einige von Perkovićs Liedern enthalten den Ustascha-Gruß, der in Kroatien gesetzlich verboten ist, sowie weitere Anspielungen auf den von Ante Pavelić geführten »Unabhängigen Staat Kroatien«, der in Wahrheit ein Marionettenstaat von Hitlers Gnaden war. Nationalistische Kroaten verehren die Anführer der Ustascha trotz Greueltaten, darunter Holocaust und Völkermord an Serben, als Gründerväter des kroatischen Staates.

Der Ustascha-Gruß wurde auch von Paramilitärs in den 1990er Jahren gebraucht, die an der Errichtung des heutigen Staates Kroatien mitgewirkt haben. In dieser Zeit, während des blutigen Kriegs gegen die Bundesrepublik Jugoslawien, wurde Marko »Thompson« Perković bekannt. Er nahm an Kampfhandlungen teil und trug dabei besagtes US-Maschinengewehr mit sich.

Ironischerweise beruhen viele der populärsten Lieder des Rechtsrockers auf umgedichteten Partisanenliedern sowie auf serbischer und montenegrinischer Volksmusik. Perković behauptet, seine Lieder würden lediglich den Sieg Kroatiens und dessen Unabhängigkeit feiern. Trotz internationaler Kritik – in mehreren europäischen Städten wurde ihm wegen pronazistischer Inszenierungen die Auftrittserlaubnis entzogen – bleibt er in Kroatien äußerst populär und tritt regelmäßig bei politischen Kundgebungen und Sportveranstaltungen auf.

Hinweis: In einer ersten Fassung des Artikels war ein falscher Name des Interviewers angegeben. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. (jW)

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