Hetzjagd mit System
Von Volker Hermsdorf
Die rassistische Migrationspolitik der Trump-Regierung fordert immer mehr Opfer. Der Tod eines mexikanischen Landarbeiters bei einer Razzia der US-Einwanderungsbehörde in Südkalifornien verschärft – neben dem Streit über Zölle – die Spannung zwischen den Nachbarländern. Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum verurteilte die Jagd auf ihre Landsleute. Sie wies zugleich darauf hin, dass lateinamerikanische Migranten die Versorgung in den USA aufrechterhielten. Der jüngste Fall zeigt, dass die Repression gegen Menschen, die ihre Familien zu Hause und die Bürger in den USA ernähren, nicht nur inhuman ist, sondern auf beiden Seiten der Grenze auch negative wirtschaftliche Auswirkungen hat.
Todesopfer zu beklagen
Der Landarbeiter Alanis García war am Donnerstag während einer Razzia auf einer Cannabisfarm auf der Flucht vor den Greiftrupps aus neun Metern Höhe vom Dach eines Gewächshauses gestürzt. Er erlitt einen Genickbruch, eine Schädelfraktur, einen Riss in einer Arterie, die das Gehirn mit Blut versorgt, und verstarb nach Angaben seiner Nichte Yesenia im Krankenhaus. Aus Angst vor Repressalien wolle sie ihren Nachnamen nicht nennen, so die mexikanische Zeitung La Jornada. In sozialen Netzwerken verbreitete Videos zeigten Dutzende Arbeiter, die über die Plantage rannten und auf Dächer kletterten, um einer Festnahme zu entgehen. Laut US-Behörden wurden rund 200 »Arbeitskräfte ohne Papiere« verhaftet. Als einige hundert Personen spontan gegen das brutale Vorgehen protestierten, rückte die Nationalgarde an. Örtlichen Medien zufolge wurden Betroffene und Zeugen inmitten der Felder mit Tränengas und Gummigeschossen auseinandergetrieben.
Auf ihrer täglichen Pressekonferenz berichtete Claudia Sheinbaum am Freitag, dass das Konsulat ihres Landes nach der Razzia Anrufe von Familienangehörigen erhalten habe, die um Hilfe für die Inhaftierten baten. Nach ihren Informationen seien mindestens 355 mexikanische Migranten im Zuge verschiedener Razzien festgenommen und über 67.000 seit dem Beginn von Trumps Amtszeit repatriiert worden. Dies sei angesichts ihrer Bedeutung für die Wirtschaft der USA inakzeptabel und ungerecht. Laut dem US-Arbeitsministerium sind 42 Prozent der Landarbeiter nicht registriert. Sheinbaum wies darauf hin, dass die Felder in Kalifornien und anderen Staaten ohne diese Arbeitskräfte nicht bestellt werden könnten. Trotzdem stürmen Agenten der Einwanderungsbehörde fast täglich Obstplantagen, Gemüsefelder, Milchviehställe und Verarbeitungsbetriebe, um Migranten direkt am Arbeitsplatz zu verhaften. »Trump und seine Milliardärsfreunde wollen, dass die Landarbeiter verängstigt sind. Denn wenn Arbeiter Angst haben, werden sie seltener Lohnraub melden, gefährliche Arbeitsbedingungen anzeigen oder sich gewerkschaftlich organisieren. Das ist das schmutzige Geheimnis, warum reiche Ranchbesitzer und Agrarbetriebe Trump unterstützen«, warnt die Landarbeitergewerkschaft United Farm Workers Union.
Geld fließt nicht mehr
Doch mittlerweile machen sich offenbar auch Farmer Sorgen um ihre Ernte. In Kalifornien erledigen »Menschen ohne Papiere« die Hälfte der Landarbeit, bei der Fleischverarbeitung sind es US-weit über 70 Prozent. Nach den jüngsten Razzien berichteten Beobachter, dass viele sich kaum noch auf die Straße trauten. Läden und Kneipen seien leerer als sonst. Auch Trump-Anhänger unter den Geschäftsleuten bekämen die Folgen der rassistischen Politik zu spüren, Hausfrauen sorgten sich um die Milch für die Kinder, ihre Männer um die Steaks für das Barbecue. Auf der anderen Seite der Grenze ist es nicht besser. Aus Angst vor Razzien verstecken sich viele Migranten und schicken kein Geld mehr nach Hause. Bislang kamen 95 Prozent der Rücküberweisungen aus den USA. Nach Angaben der mexikanischen Zentralbank wurden 2024 noch 64,7 Milliarden US-Dollar überwiesen. Das entspricht 3,5 Prozent des mexikanischen Bruttoinlandsprodukts. Für die Angehörigen der Migranten ermöglichen deren Überweisungen den Erwerb von Lebensmitteln und Medikamenten, Schulbildung und Arztbesuche. Laut dem Zentrum für Lateinamerikanische Währungsstudien (Cemla) hingen 2024 etwa 4,1 Millionen mexikanische Familien von den Remesas aus den USA ab – mehr als jeder zehnte Haushalt. Trumps rassistische Politik trifft auch sie.
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Leserbrief von Roman aus Bintulu (15. Juli 2025 um 10:06 Uhr)Erinnern wir uns: Der erste Schritt war die Umbenennung des Golfes von Mexico in Amerikanischen Golf, das jetzt ist der zweite Schritt: Mexikaner und andere ausbeuten, ohne sie im Land zu haben. Wer's nicht begriffen hat: ich brauche sie nicht mehr zurückzuschicken, wenn ich sie mal nicht brauche und die Lebenshaltungskosten dürften zumindest für die elendsten der Elenden in Mexico noch geringer sein. Nebenkosten: woher auch, zahlt Mexico, wenn überhaupt einer. 3. Schritt: Das Modell, dem die Autobauer in Mexico folgen, auf die gesamte Produktion ausweiten, Mexico wird amerikanische Kolonie mit Leibeigenen und vom Besitzer eingesetztem Verwalter.
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